Nicht mehr Fürstensaal, sondern Kaisersaal! Bürgermeister Paul Iacob wollte bei der Begrüßung der Gäste zum Vortrag von Professor Dr. Franz Matsche die neue Namengebung des Festsaals im ehemaligen Füssener Kloster St. Mang nicht als Marketingidee gelten lassen. Die wissenschaftlich fundierten kunsthistorischen Ausführungen des Referenten ließen bei den Zuhörern wohl keine Zweifel an der Richtigkeit der Maßnahme aufkommen.
Durch eine Verpfändung König Heinrichs VII. kam das Kloster 1313 zum Hochstift Augsburg und verlor damit seine Stellung als Reichsstift. Das Pfand wurde nie mehr eingelöst und auch die rechtliche Befreiung von der ungeliebten Oberhoheit der Augsburger Bischöfe misslang. Die Äbte Gerhard Oberleitner und Dominikus Dierling hatten mit den von ihnen beauftragten Künstlern Johann Jakob Herkommer, Franz Georg Hermann und Carlo Andrea Maini entscheidenden Anteil, dass der Wunsch reichsunabhängig zu sein, sich beim Neubau des barocken Klosters vor allem im Festsaal manifestierte. Kaiserlich wirken der Architekturtypus und die bildliche Ausstattung.
Als Erbe aus der Zeit des römischen Kaisers Augustus ist der eineinhalbgeschossige Kolonnadensaal ausgestattet mit gewölbter Decke, Scheinbalustrade, umlaufenden großen marmorierten Säulen aus Holz und Portalen aus Füssener Marmor.
Von den acht Kaiserstatuen blieben nur leere Postamente
Leider künden nur noch die leeren Postamente von den einst acht Kaiserstatuen, die 1805 wegtransportiert wurden. Aber im Bildprogramm erscheinen die legendären Stifter öfter. Karl der Große begleitet vom König Pippin überreicht im Fresko des Treppenhauses Magnus die Gebietskarte der Gegend um Füssen gleichsam als Stiftungsurkunde. Höchstwahrscheinlich waren in den marmorgerahmten Medaillons seitlich der Säulen der Portale Kaiserbildnisse. Ein Kupferstich ist eine Hommage an den damals herrschenden Kaiser Karl VI., der im Jahr 1711 auf der Durchreise zur Kaiserkrönung in Füssen Station machte.
Das Deckengemälde erzählt von Mission und Wissenschaft
Als Reichssaal präsentiert sich der Kaisersaal im Deckengemälde mit der Pointierung und Gegenüberstellung der weltweiten Missionstätigkeit und der wissenschaftlichen Betätigungen. Das Planetenbild steht für die Astronomie. Der wunderbare Fischfang mit der Allegorie der Bekehrung der Welt zum Christentum steht für die christliche Theologie. Die vier großen vergoldeten Reichsadler an der Decke mit ihren ausgebreiteten Flügeln lassen wohl auf den Schutz des Kaisers schließen. Für die prunkvolle Ausformung des Saaltyps sorgte noch besonders Maini mit seinen Stuckaturen. Für die politische Propagandawirkung des Kaisersaals sorgte 1782 Papst Pius VI.
, der auf der Durchreise nach Wien im Saal mit Kur- und Fürstbischöfen zusammentraf. Er hätte sich wahrscheinlich über die vorzügliche Darbietung der Bachsonate von Verena Osterried und Albert Frey für Flöte und Continuo als festliche Umrahmung genau so gefreut, wie die Besucher des Festvortrages im Jahre 2011.