Konzert: Jazz-Legende Paul Kuhn beschert mit Gregor Beck und Gary Todd zwei Stunden voller Klassiker in Wangen

20. März 2012 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
vera stiller

Ein ganzes Leben voller Jazz und Swing

Er gilt als Pionier des deutschen Big Band Jazz, wurde durch Rundfunk- und Fernsehsendungen bekannt und beliebt, wird schon zu Lebzeiten als 'Legende' bezeichnet: Paul Kuhn, der in der gut gefüllten Wangener Stadthalle zu sehen und zu hören war. Meisterliche Momente

Ganz vertraut ist er, auch wenn man ihn nie zuvor live erlebt hat. 'Hallo, Paulchen' möchte man ihm gleich seiner langjährigen TV-Serie zurufen, um sich dann entspannt zurückzulehnen, zu lauschen und zu genießen. Denn was da in zwei Stunden geboten wird, das sind nicht nur meisterliche 'Moments of Jazz', das ist die Philosophie eines ganzen Musikerlebens. Dieses Leben, das aus seinem mit vielen Falten durchzogenen, sympathischen Gesicht spricht.

Paul Kuhn, der kleine Mann mit dem unverkennbaren Zahnlückenlächeln zählt trotz seiner 84 Jahre weiterhin zu den Großen unter den Jazzmusikern und Pianisten. Seine Stimme ist fest geblieben, seine Finger flitzen über die Klaviertasten.

Und wenn es hier und da mal einen minimalen 'Bruch' gibt, kleine Gedächtnislücken nach einer charmant verpackten Hilfestellung rufen – was ist das alles gegen das Erlebnis, mit Paulchen Kuhn auf 'Swinging-Tour' zu gehen?

Gleich beim Intro 'Close your eyes' heißt es für sein Publikum, das ihm auch nach Jahrzehnten noch die Treue hält, wirklich die Augen zu schließen und sich mitnehmen zu lassen zu den 'Geschehnissen in Monterey', nach Brasilien, wo ein musikalisch veränderter Walzer nach der Copacapana schmeckt, oder hinauf zum Regenbogen, wo die Sorgen wie Zitronenbonbons schmelzen.

'Come fly with me' singt Kuhn und landet bei Henry Mancini und seinen 'Days of wine and roses'. Die aufkeimende Melancholie ist bei 'Move' aber schnell wieder verflogen. Erst recht, als Paul Kuhn eine Kostprobe seines Witzes gibt. Als die Lampen im Saal nach mehrmaligem Aufflackern plötzlich ganz erlöschen, mutmaßt er: 'Die wollen mich sicherlich testen, ob ich die Tasten noch erkennen kann.'

Bebop und Balladen

'Was haben wir noch auf der Latte?' fragt Kuhn, der 'Mann am Klavier', Schlagzeuger Gregor Beck und Bassist Gary Todd, die diesem Konzert mit hoher Musikalität zusätzliche Glanzlichter verleihen.

Und dann gibt es nach Charlie Parkers 'Scrabble from the apple' einen gewaltigen Sprung vom Bebop zur traumschönen Ballade 'When I fall in love with you' von Victor Young.

Was hätte als letztes Stück besser gepasst als 'As time goes by'? Nicht nur, dass es seit dem Film 'Casablanca' nie mehr so ganz aus dem Ohr geht, es drückt auch das aus, was so schwer in Worte zu fassen ist: 'Die grundlegenden Dinge bleiben, während die Zeit vergeht.'