Stadtgeschichte: Das Immenstädter Comede-Haus hat eine bewegende Geschichte

28. Oktober 2011 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
Repro: Siegbert Eckel

Das in Fachwerk 1827 errichtete Immenstädter 'Comede-Haus' fasste bereits 500 Zuschauer, überstand sogar die Feuersbrunst von 1844, wurde aber durch die Hochwasser-Katastrophe von 1873 zerstört

In früheren Jahren waren die Bürger von Immenstadt bekannt für ihre Vorliebe für Kunst und Theaterspiel. Mitte des 18. Jahrhunderts existierten hier zwei Theater-Liebhabergesellschaften. Um 1760 spielte man mit herrschaftlicher Erlaubnis im Festsaal des Schlosses, und als dort der bayerische Staat eingezogen war, in der Reitschule (heute Literaturhaus). Nachdem Braumeister Franz Anton Höss dieses Gebäude für seinen Betrieb erweitern wollte, galt es einerseits eine alternative Spielmöglichkeit zu finden, zum anderen war für eine geeignete Unterbringung des wertvollen, zum Teil jahrhundertealten Requisitenfundus zu sorgen.

Der Zimmermeister Joseph Anton Holzmann entwarf 1816 einen Bauplan für ein Stadttheater, der von der Regierung noch im gleichen Jahr genehmigt worden ist. Verschiedene Umstände verhinderten einen sofortigen Baubeginn, so dass die Arbeiten erst 1826 starteten. Im Spätherbst 1827 war das Gebäude dann vollendet.

Begeisterung fürs Theaterspiel

Die feierliche Eröffnung fand am 10. Februar 1828 mit dem Stück 'Die verkaufte Comödie' statt. Vorher war der ehemals herrschaftliche Zimmerei- und Holzstadel für 105 Gulden angekauft und abgebrochen worden. Auf diesem Platz entstand dann in Fachwerk der erste Immenstädter Theaterbau für etwa 500 Besucher. Bei einer Bevölkerungszahl von damals rund 1000 Einwohnern muss die Begeisterung für das Theaterspiel enorm gewesen sein.

Bei der Bauausführung stand Sparsamkeit an erster Stelle. So ist das noch brauchbare Abbruchholz des Zimmerstadels für den Neubau verwendet, das andere verkauft und der daraus erzielte Betrag der Theaterbaukasse gutgeschrieben worden. Weiteres Bauholz wurde den städtischen Waldungen entnommen. Die beim Beschlagen der Balken anfallenden Zimmerspäne gab man als Heizmaterial an arme Leute ab.

Zur Ausmauerung der Riegelgefache wurden in der ganzen Stadt Ziegel gesammelt.

Am Bau beteiligt waren Handwerker aus dem Städtle wie aus dem weiteren Oberallgäu. Den Kalk für die Maurer lieferte zum Beispiel ein Unternehmen aus Hindelang. Ein eigener Zähler ermittelte 48548 verwendete Schindeln für Dach und Wände. Die für ihre Befestigung erforderlichen Nägel kamen von Nagelschmieden aus Burgberg, Hindelang und Immenstadt.

Die hölzerne Decke des Zuschauerraumes wurde von vier großen Holzsäulen getragen, die von dem am Steigbach gelegenen Sägewerk Bischof gedreht worden sind. Zur Beheizung des Saales kaufte man von Braumeister Franz Anton Höss einen gebrauchten eisernen Ofen, der 12 Gulden kostete. Das für das Gebäude erforderliche Glas orderten die Stadtväter von einem böhmischen Glashändler.

Die künstlerische Ausgestaltung besorgte dagegen der Burgberger Dekorationsmaler Rupert Schaidnagel. Im Einzelnen ist die Bemalung nicht mehr nachvollziehbar, aus der noch vorhandenen Rechnung für den Farbeinkauf lässt sich jedoch eine farbenfrohe Ausschmückung des Zuschauerraumes erahnen. Als besonders originell ist festzustellen, dass die Rechnungen von den Handwerkern meist an das 'Comede-Haus' (= Comödien-Haus) gestellt wurden.

Nachdem zu damaliger Zeit elektrischer Strom noch nicht existierte, erfolgte die Bühnen- und Saalbeleuchtung vermutlich durch Öllampen.

Sicher eine Horrorvorstellung für heutige Brandschützer! Die 'Corporation der Theaterspielenden' musste dafür die Verpflichtung übernehmen, 'für Beleuchtung und andere Bedienung mit besonderer Rücksicht auf Feuer Sorge zu tragen'.

Das Stadttheater ist dann auch nicht durch einen Brand zugrunde gegangen. Es hat sogar die große Feuersbrunst von 1844 überlebt. Aber gerade der größte Feind des Feuers, nämlich das Wasser, hat ihm schließlich den Garaus gemacht. Bei der Hochwasserkatastrophe vom 28. Juli 1873 ist das Gebäude durch den entfesselten Steigbach so stark in Mitleidenschaft gezogen worden, dass es abgebrochen werden musste.

Ein Problem vom Hals

Die Immenstädter können sich heute glücklich schätzen, dass der unberechenbare Steigbach ihnen damals ein großes Problem vom Hals geschafft hat, denn dieser Theaterbau wäre unter den derzeitigen Brandschutzritualen sicherlich zu einem vieldiskutierten Komödienstadel geworden.