In erhebliche wirtschaftliche Probleme geraten ist das Kaufbeurer Busunternehmen Kirchweihtal, das den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) im Raum Kaufbeuren/nördliches Ostallgäu bedient.
Die Regierung von Schwaben fordert von Kirchweihtal nämlich 3,5 Millionen Euro plus 900000 Euro Zinsen zurück (wir berichteten). Der Grund: Angeblich habe die Firma zwischen 2002 und 2009 zu hohe Zuschüsse der Regierung für die Beförderung von Schülern kassiert. So seien mehr Schülerkilometer abgerechnet worden als tatsächlich gefahren wurden. Doch unklar ist, wieso die Regierung erst nach so vielen Jahren bemerkte, dass sie zuviel Geld nach Kaufbeuren überwies. Auf die entsprechende Nachfrage unserer Zeitung hüllt sich die Behörde in Schweigen. Kirchweihtal-Geschäftsführer Dirk Elies sieht das Unternehmen in seiner Existenz bedroht, sollte die Regierung mit ihrer Forderung durchkommen. Deshalb hatte Kirchweihtal einen Vergleichsvorschlag präsentiert, der derzeit im bayerischen Wirtschaftsministerium geprüft wird. Dass Kirchweihtal bewusst zu hohe Zuschüsse kassierte, sieht der Geschäftsführer (der erst seit 2010 im Amt und somit nicht persönlich für die Vorgänge verantwortlich ist) nicht. Schließlich habe sein Unternehmen, als der Fehler intern auffiel, selbst die Sache bei der Regierung angezeigt. Keine Idee hat Elies, wieso die Regierung von Schwaben jahrelang die zu hohen Zuschüsse nicht bemerkte. Denn nach Informationen unserer Zeitung wurden diese jedes Jahr aufs Neue geprüft und genehmigt. Doch die Regierung von Schwaben gibt dazu keinerlei Kommentar ab.
Es handle sich um ein laufendes Verfahren, zu dem man sich nicht äußere, wurde der AZ mitgeteilt.
Umfrage von Verdi
Elies unterzieht sein Unternehmen wegen der wirtschaftlichen Probleme einem rigiden Sparkurs. Das führt allerdings nach wie vor zu erheblichem Ärger in der Bevölkerung. Um Geld zu sparen, lässt Elies nämlich auf vielen Strecken günstigere Subunternehmer fahren. Dabei kommen ältere Busse zum Einsatz, die nicht abgesenkt werden können und etwa für ältere Menschen, die gehbehindert oder mit einem Rollator unterwegs sind, ein Problem darstellen. Die Gewerkschaft Verdi hat deshalb in der Kaufbeurer Fußgängerzone Befragungen der Bürger zu diesem Thema durchgeführt. Im Ergebnis spiegelt diese Erhebung erhebliche Kritik an der Entwicklung des Kaufbeurer ÖPNV wider.
Zudem führt der Sparkurs zu erheblichem Unmut bei der Kirchweihtal-Belegschaft. Busfahrer stünden (samt ihren Bussen) oft arbeitslos auf dem Hof und müssten beispielsweise die Halle putzen, während der Verkehr von Subunternehmen bedient wird.
Nach Informationen unserer Zeitung fahren die Kirchweihtalbusfahrer teils nur 100 Stunden pro Monat, was zu erheblichen Einkommenseinbußen führt. Elies hingegen sagte der AZ, dass jeder Linienbusfahrer gemäß Tarif bezahlt wird - und zwar für 167 Stunden Dienst pro Monat. Die Kaufbeurer Stadtverwaltung, die Kirchweihtal ebenfalls bezuschusst (rund 340000 Euro pro Jahr), sah sich inzwischen genötigt, auf eine qualitativ hochwertige Fahrgastbeförderung zu pochen.
Das Ganze sprach sich bis zum Kirchweihtal-Hauptgesellschafter Regionalbus Augsburg (RBA) herum: "Ich werde mich persönlich darum kümmern, dass die Sache wieder ins Lot kommt", betonte Wilfrid Venerius, Geschäftsführer von RBA gegenüber der AZ.
Fünf-Punkte-Programm
Am Donnerstag dieser Woche stellte Elies ein Fünf-Punkte-Programm vor, mit dem er das angeknackste Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit wieder richten will. So sollen unter anderem seit dieser Woche im Kaufbeurer Stadtverkehr weitgehend nur noch absenkbare Niederflurbusse im Einsatz sein. Außerdem hat Elies eigens ein Beschwerdetelefon eingerichtet, Probleme sollen binnen 48 Stunden behandelt werden.
Die Stadt Kaufbeuren will nun in den nächsten Wochen genau überprüfen, ob das Unternehmen Kirchweihtal die laut Konzession geforderte Qualität des ÖPNV auch wirklich einhält.