Extreme Preisanstiege: Statistisches Bundesamt gibt Jahresrate bekannt: So teuer war 2022!

18. Januar 2023 11:29 Uhr von Redaktion all-in.de
Die Deutschen haben es 2022 Woche für Woche im Geldbeutel gemerkt: Die Preise für Lebensmittel, Energie und Dienstleistungen sind deutlich angestiegen. Um wie viel teurer sie tatsächlich geworden sind, hat jetzt das Statistische Bundesamt ermittelt. (Symbolfoto)
Die Deutschen haben es 2022 Woche für Woche im Geldbeutel gemerkt: Die Preise für Lebensmittel, Energie und Dienstleistungen sind deutlich angestiegen. Um wie viel teurer sie tatsächlich geworden sind, hat jetzt das Statistische Bundesamt ermittelt. (Symbolfoto)
Marco Pomella auf Pixabay

Die Deutschen merken es seit Monaten im Geldbeutel, jetzt ist es offiziell: Im vergangenen Jahr sind die Preise in Deutschland regelrecht explodiert. Um durchschnittlich fast acht Prozent sind die Verbraucherpreise im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 angestiegen, deutlich stärker als in den Jahren davor. Das gibt jetzt das Statistische Bundesamt bekannt. 

Lieferengpässe und Preisanstiege

Zum Vergleich: Im Jahr 2021 lag die Jahresteuerungsrate noch bei 3,1 Prozent. „Die historisch hohe Jahresteuerungsrate wurde vor allem von den extremen Preisanstiegen für Energieprodukte und Nahrungsmittel seit Beginn des Kriegs in der Ukraine getrieben“, sagt Dr. Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes. Im vergangenen Dezember lag die Inflationsrate − gemessen als Veränderung des Verbraucherpreisindex (VPI) zum Vorjahresmonat – bei einem Plus von 8,6 Prozent. Sie schwächte sich damit zum Jahresende ab, blieb aber auf einem hohen Stand. Die monatlichen Inflationsraten waren im gesamten Jahr 2022 hoch und erreichten im September die 10-Prozent-Marke. Den höchsten Wert registrierte das Statistische Bundesamt für den Oktober. Damals lag die Inflationsrate bei 10,4 Prozent. 

Entlastungspakete mildern Inflationsrate

„Krisen- und kriegsbedingte Sondereffekte wie Lieferengpässe und deutliche Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsstufen prägten den gesamten Jahresverlauf. Auch wenn diese Preiserhöhungen nicht vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurden, wurden für sie besonders Energie und Nahrungsmittel spürbar teurer“, informiert Brand. „Die außergewöhnlich hohen monatlichen Inflationsraten wurden 2022 zeitweise durch Entlastungsmaßnahmen abgemildert. Dazu gehörten neben dem 9-Euro-Ticket, dem Tankrabatt und dem Wegfall der EEG-Umlage auch die Senkung der Umsatzsteuer auf Gas und Fernwärme sowie die einmalige Übernahme der Gas- und Wärmerechnung für den Monat Dezember.“

Kostenanstieg vor allem bei Energieprodukten

Die Energieprodukte verteuerten sich 2022 gegenüber dem Vorjahr deutlich um 34,7 Prozent, nach einem Anstieg um 10,4 Prozent im Jahr 2021. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher gab es 2022 kräftige Preiserhöhungen bei der Haushaltsenergie (ein Plus von 39,1 Prozent). Besonders deutlich stiegen die Preise für leichtes Heizöl (ein Plus von 87,0 Prozent) und Erdgas (ein Plus von 64,8 Prozent). Auch andere Haushaltsenergieprodukte wurden teurer, zum Beispiel kostete Strom 20,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Kraftstoffe verteuerten sich im Jahresdurchschnitt um 26,8 Prozent, betroffen waren alle Kraftstoffsorten, aber im unterschiedlichen Ausmaß (zum Beispiel Diesel: ein Plus von 39,6 Prozent; Super ein Plus von 21,8 Prozent). Die Entlastungspakete der Bundesregierung milderten die teuren Energiepreise jedoch eine gewisse Zeit ab. 

Deutliche Preisanstiege bei Lebensmitteln

Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich 2022 gegenüber 2021 um 13,4 Prozent. 2021 hatte die Preissteigerung noch bei 3,2 Prozent gelegen. Im Jahresdurchschnitt 2022 stiegen die Kosten in allen Nahrungsmittelgruppen. Überdurchschnittlich stark verteuerten sich aber Speisefette und Speiseöle (ein Plus von 36,2 Prozent, darunter Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Ähnliches: ein Plus von 63,9 Prozent; ein Plus von 39,1 Prozent bei Butter) sowie Molkereiprodukte und Eier (ein Plus von 19,7 Prozent). Auch andere Nahrungsmittelgruppen wie Fleisch und Fleischwaren (ein Plus von 14,6 Prozent) oder Brot und Getreideerzeugnisse (ein Plus von 13,5 Prozent) verteuerten sich im Vergleich zu 2021 im vergangenen Jahr überdurchschnittlich. Berücksichtigt man Energie und Nahrungsmittel bei der Jahresteuerungsrate nicht, hätte sie im vergangenen Jahr vier Prozent betragen - und wäre damit nur halb so hoch wie die Gesamtinflationsrate.  

Autos wurden deutlich teurer

Waren wurden im vergangenen Jahr um 13,5 Prozent teurer. Schuld daran waren vor allem gestiegene Preise für Verbrauchsgüter (ein Plus von 18,0 Prozent), zu denen die Energieprodukte und Nahrungsmittel gehören. Die Preise für Gebrauchsgüter erhöhten sich um 5,3 Prozent, unter anderem wurden Fahrzeuge (ein Plus von 8,7 Prozent, darunter Gebrauchtwagen: ein Plus von 21,2 Prozent) sowie Möbel und Leuchten (ein Plus von 7,9 Prozent) deutlich teurer. Die Preise für Dienstleistungen insgesamt erhöhten sich 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 2,9 Prozent. Die für diese Entwicklung bedeutsamen Nettokaltmieten stiegen im Jahresdurchschnitt um 1,8 Prozent. Bei einigen Dienstleistungen kletterten die Preise deutlich stärker in die Höhe, unter anderem für Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen (ein Plus von 7,4 Prozent) sowie für die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (ein Plus von 6,4 Prozent). Teurer wurden beispielsweise auch Brief- und Paketdienstleistungen (ein Plus von 3,1 Prozent).

Telekommunikation wurde günstiger

Es kam 2022 bei den Dienstleistungen aber auch zu einigen Preisrückgängen. So vergünstigten sich die Preise für die Telekommunikation (ein Minus von 1,2 Prozent) sowie für Dienstleistungen sozialer Einrichtungen (ein Minus von 1,7 Prozent). Grund für Letzteres war die Pflegereform zum 1. Januar 2022.  Zudem wirkte sich das 9-Euro-Ticket auf die Preise im öffentlichen Personennahverkehr aus: Im Jahresdurchschnitt 2022 gingen dadurch die Preise für Bahntickets im Nahverkehr um 8,8 Prozent sowie für den kombinierten Verkehr um 14,3 Prozent zurück.

Inflationsrate schwächte sich im Dezember 2022 ab

Die Inflationsrate in Deutschland schwächte sich im Dezember auf 8,6 Prozent ab, nachdem sie noch im November ein einem Plus von 10 Prozent lag. Ein Grund dafür war, dass sich der Preisanstieg bei den Energiekosten von 38,7 Prozent im November auf 24,4  Prozent abschwächte. Ein wesentlicher Grund für den Rückgang war laut dem Statistischen Bundesamt auch die „Dezember-Soforthilfe“, eine der Maßnahmen aus dem dritten Entlastungspaket der Bundesregierung. Danach entfiel für einen Teil der privaten Haushalte die monatliche Abschlagszahlung für Erdgas und Fernwärme und sorgte dafür, dass die Teuerungsrate im Dezember 2022 für Erdgas mit einem Plus von 26,1 Prozent deutlich niedriger lag als in den Monaten davor. Fernwärme war sogar um 17,5 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor. Im November 2022 waren die Kosten beim Erdgas um stolze 112,2 Prozent in die Höhe geschossen, bei Fernwärme stiegen sie um 36,6 Prozent.  Zudem fiel der Preisanstieg auch für andere Energieprodukte etwas geringer aus, so verteuerten sich leichtes Heizöl um 45,0 Prozent und Kraftstoffe um 8,9 Prozent binnen Jahresfrist.

Keine Entspannungen beim Strompreis

Der Strompreis gab jedoch nicht nach und lag im Dezember um 27,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Auch bei den Nahrungsmittelpreisen gab es keine deutliche Entspannung, diese erhöhten sich im gleichen Zeitraum um 20,7 Prozent. Hier wurden im Dezember 2022 bei allen Nahrungsmittelgruppen Preiserhöhungen beobachtet. Auch infolge der Kriegs- und Krisensituation verteuerten sich wie bereits in den Vormonaten andere Waren und Dienstleistungen. Die Preise für Waren insgesamt erhöhten sich im Dezember 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 13,9 Prozent. Neben der Energie und den Nahrungsmitteln wurden Gebrauchsgüter teurer (ein Plus von 6,8 Prozent, darunter Möbel und Leuchten: ein Plus von 10,1 Prozent; Bekleidungsartikel: ein Plus von 5,1 Prozent). Die Preise für Dienstleistungen insgesamt erhöhten sich im gleichen Zeitraum um 3,9 Prozent. Die Nettokaltmieten stiegen um 1,9 Prozent. Deutlich teurer waren beispielsweise Gaststätten- und Beherbergungsdienstleistungen (ein Plus von 9,6 Prozent) sowie Leistungen für Friseur und Körperpflege (ein Plus von 7,5 Prozent). Hingegen wurden nur wenige Dienstleistungen günstiger, unter anderem die Telekommunikation (ein Minus von 1,2 Prozent).

Verbraucherpreisindex sinkt im Dezember

Im Vergleich zum November sank der Verbraucherpreisindex im Dezember um 0,8 Prozent. Ein wesentlicher Grund war der Preisrückgang bei Energie mit einem Minus von 11,6 Prozent gegenüber dem Vormonat. Deutliche Preisrückgänge gab es bei Erdgas (ein Minus von 39,1 Prozent) und Fernwärme (ein Minus von 39,6 Prozent) infolge der „Dezember-Soforthilfe“. Auch die Preise für leichtes Heizöl (ein Minus von 12,1 Prozent) und Kraftstoffe (ein Minus von 8,9 Prozent) gaben nach, dagegen wurde Strom etwas teurer (ein Plus von 0,4 Prozent). Darüber hinaus mussten die privaten Haushalte erneut mehr für Nahrungsmittel bezahlen (ein Plus von 0,8 Prozent). Ebenso zogen im Dezember 2022 die Bahnpreise für Fahrten im Zuge der jährlichen Tarifänderungen an (ein Plus von 3,1 Prozent, darunter Nahverkehr: ein Plus von 3,9 Prozent).