Interview
Hawanger Betrieb hat wegen EHEC drei Tonnen Sprossen vernichtet

- Foto: Martina Diemand
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Angelika Kienle hat mit ihrer Sprossenproduktion schwere Zeiten durchlebt
Aufatmen können nicht nur Verbraucher, sondern auch die Hersteller des Lebensmittels. Angelika Kienle ist eine von ihnen. Sie betreibt die Produktionsfirma Allgäuer Sprossenparadies in Hawangen bei Memmingen. Wir haben mit der Unterallgäuerin über den Verlauf und die Folgen der EHEC-Epidemie gesprochen.
Frau Kienle, wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass Sprossen am EHECAusbruch schuld sind?
Angelika Kienle: Ich habe meine Sprossen sofort bei der Milchwirtschaftlichen Untersuchungs- und Versuchsanstalt in Kempten untersuchen lassen, die das richtige Labor dafür hat. In den zwei Tagen, bis ich Ergebnisse hatte, habe ich mir selbst einen Lieferstopp auferlegt.
Und was ist bei der Untersuchung ihrer Sprossen rausgekommen?
Kienle: Ein negativer Befund. Die Sprossen waren also in Ordnung und ich habe wieder angefangen, meine Kunden zu beliefern.
Aber dann haben Sie wahrscheinlich schon die Folgen der EHEC-Nachricht zu spüren bekommen?
Kienle: So ist es. Obwohl meine Sprossen in Ordnung waren, ist der Umsatz um 80 Prozent gesunken. Die Kunden haben schon gesagt, ich solle Urlaub machen. Aber das konnte ich in dieser Situation nicht so einfach. Zudem wurden unsere Sprossen in dieser Zeit von je einer Untersuchungskommission vom Amt für Landwirtschaft und vom Verbraucherschutzministerium untersucht. Bis die Ergebnisse da waren, hat es vier Wochen gedauert.
Was geschah mit Ihrem Betrieb und Ihren Erzeugnissen?
Kienle: Wir hatten natürlich zuerst einmal eine Überproduktion. Sprossen müssen aber frisch verkauft werden. Uns blieb in den ersten zwei Wochen nichts anderes übrig, als drei Tonnen davon zu vernichten. Dann erst konnten wir die Produktion runterfahren. Ansonsten habe ich noch einen kleineren Obst- und Gemüsehandel. Der hat aber auch gelitten, weil die Leute bei Gurken und Tomaten immer noch vorsichtig waren.
Das muss doch ein schlimmes Gefühl gewesen sein, die Früchte seiner eigenen Arbeit zu vernichten?
Kienle: Natürlich fühlt man sich schlecht, wenn man ein fertiges Lebensmittel vernichten muss. Da liegen die Nerven blank. Ich möchte so etwas nie wieder erleben. Das Schlimmste war, dass es mich unverschuldet getroffen hat. Ich hätte das alles auch nicht verhindern können. Aber ich musste mir sagen, dass es jetzt eben nicht anders geht. Ich konnte die Verbraucher ja auch verstehen. Schließlich hatte die Krankheit sogar Todesfälle zur Folge.
Was denken Sie, wie es nach der Entwarnung weitergeht?
Kienle: Jetzt, wo die Behörden die Warnung aufgehoben haben, bin ich guter Dinge. Ich hoffe aber, dass sie auch bei den Verbrauchern ankommt. Schließlich müssen die Leute wieder Vertrauen in die Hersteller und in das Produkt gewinnen. Dazu müssen sie aber auch wissen, dass höchst wahrscheinlich nur die ägyptischen Bockshornkleesamen die Quelle des Übels waren.


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