Schicksal
Vor 3 Jahren: Nach Arbeitsunfall verliert der Egggenthaler Florian Hacker sein rechtes Bein

- Foto: Mathias Wild
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Wenn ein Tag das ganze Leben verändert - Heute kann der 25-Jährige wieder Auto fahren und Bergtouren machen
'Mann bei Waldarbeiten vom Baum erschlagen.' Wenn Florian Hacker solche Meldungen in der Zeitung liest, dann ist er jedes Mal dankbar dafür, dass er heute noch lebt und dass er nicht im Rollstuhl sitzt oder geistig behindert ist. Doch genau so hätte es nach dem 8. Juli 2009 aussehen können.
Dem Tag, an dem der Eggenthalter bei der Waldarbeit von einem fünf Meter langen Baumstamm getroffen wird und dadurch sein rechtes Bein verliert. Aber der 25-Jährige beklagt sich nicht, er macht einfach weiter. Und Hacker verliert dabei das Wichtigste nie aus den Augen: seine Freude am Leben.
'Ich bin wirklich froh, denn es hätte definitiv auch anders ausgehen können', sagt Hacker, wenn er nach drei Jahren an sein 'einschlagendes Naturereignis' zurückdenkt. Der 8. Juli 2009 – dieses Datum ist bei ihm wie eingebrannt. Es ist ein schwülheißer Tag.
Kurz vor Feierabend bekommt der damals 22-jährige Forstwirt einen Anruf. In einem Wald in Ravensburg müssen noch Baumstämme verstaut werden. 'Ich musste die Holzbeige vermessen, die mit einem Greifer dann auf den Lastwagen geladen wurde', erinnert sich Hacker.
Er und sein Kollege sind beinahe fertig, da passiert es: Von den letzten drei Stämmen, die in der Zange des Lastwagens stecken, löst sich einer. 'Der Fahrer schrie mir noch zu, dass der Stamm fällt. Allerdings rannte ich genau in die falsche Richtung – in die Fallrichtung', so der Eggenthaler.
Ganze Zeit bei Bewusstsein
Der Stamm trifft Hacker an Becken und Oberschenkel und begräbt ihn unter sich. 'Ich war die ganze Zeit bei Bewusstsein. Schmerzen hatte ich keine', weiß der junge Mann noch genau. So bittet er seinen Kollegen zunächst einmal, den Baumstamm von ihm runter zu holen und den Notarzt zu verständigen. Ein Rettungshubschrauber fliegt ihn in die Ravensburger Klinik. Dort wird er für dreieinhalb Wochen in ein künstliches Koma versetzt.
'Als ich wieder aufgewacht bin und dann mal fähig war 20 Minuten geradeaus zu schauen, bemerkte ich, dass sich mein Bein komisch anfühlt', erinnert sich Hacker. Der Stationsarzt erklärt ihm schließlich, dass sein rechtes Bein so beschädigt war, dass es vom Becken ab amputiert werden musste. 'Richtig verstehen kann man das im ersten Augenblick nicht. Das dauert einige Wochen.'
Eine Krankenhausodyssee
Was die nächsten eineinhalb Jahre folgt, ist eine regelrechte Krankenhausodyssee. Zunächst geht es in die Unfallklinik nach Murnau. In 'zig' Operationen werden Muskeln aus seiner Schulter in die Hüfte eingesetzt und Haut auf die Wunde verpflanzt. Es kommt zu einer Entzündung, die bekämpft werden muss.
Erst neun Monate später kann er nach Ulm verlegt werden, wo seine Harnleiter wieder an die Blase angenäht wird. Danach muss der Eggenthaler seine Muskeln aufbauen. 'Ich habe wieder bei null angefangen', erzählt er und fügt schmunzelnd hinzu: 'Da wird einem erst bewusst, was Kleinkinder so durchmachen.'
Hacker bekommt eine Beckenkorbprothese. Jetzt kann er endlich wieder Autofahren. Mit Automatik und dem Gaspedal auf der linken Seite. Er fängt an, Rollstuhlbasketball zu spielen, geht Schwimmen und sogar Bergtouren macht er weiterhin. Nur das Wasser, das muss sein Vater tragen, sagt er lächelnd. Und er geht spazieren, am liebsten im Wald.
Trotz des Unfalls habe der Ort kein Trauma hinterlassen. Im Gegenteil: 'Meine Familie hat selbst einen Wald. So gut es geht, arbeite ich auch weiterhin dort mit, richte beispielsweise das Brennholz her.' Gäbe es die Möglichkeit, würde Hacker sofort wieder seinen alten Beruf als Forstwirt aufnehmen. Hier stößt er nur leider an seine körperlichen Grenzen. Deshalb hat er im September eine neue Ausbildung begonnen, als technischer Produktdesigner.
Offener Umgang
Hacker geht offen mit seiner Behinderung um, mit viel Witz und Charme. Denn er hat die Erfahrung gemacht, dass es dann auch den anderen leichter fällt. Er lässt sich nicht einschränken, will schon bald mit seiner Freundin für drei Wochen nach Kanada fliegen. Die Frage 'warum gerade ich?' hat er sich noch nie gestellt und er hat sich geschworen, dass es auch dabei bleibt.
'Sonst kommst du in einen Teufelskreis, der mit großer Sicherheit in einer Depression endet. Für mich gilt einfach, das Beste daraus zu machen.'
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