Artikel: Zauberhafte Poesie als getanzter Traum

3. Januar 2007 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

'Der Nussknacker' im gut besetzten Festspielhaus

Von Klaus Bielenberg Füssen 'Der Nussknacker', das Weihnachtsstück schlechthin, lässt bei Ballettfreunden die Herzen höher schlagen. So ist es nicht verwunderlich, dass sich das Festspielhaus Neuschwanstein bei der ersten Aufführung des Staatsballetts Moldawien mit erwartungsvollen Zuschauern gut füllte. Sie wurden nicht enttäuscht. Die zauberhafte Poesie des Weihnachtsmärchens mit der Mischung von Erwachsenenwelt und Kindertraum kam durch die Leistung der Ballettkünstler voll zum Erblühen.

1998 hat Jurij Grigorowitsch in seiner Choreographie eine neue Version des Balletts nach der populären Vertonung von Pjotr Iljitsch Tschaikowski kreiert, wobei seine ästhetischen Neigungen deutlich zum Tragen kommen, jedoch die romantische Seele der ursprünglichen Erzählung des Dichters E.T.A. Hoffmann erhalten bleibt. Die Gesamtkonzeption litt kaum darunter, dass das Bühnenbild verständlicherweise auf die Belange eines Tourneetheaters abgestimmt werden musste.

Nach der Einspielung der federleichten Musik der Ouvertüre ziehen die verschiedenen Figuren mit ausgefeilter Präzision in der Bewegung, mit Eleganz und zugleich beschwingter Freude auf die Bühne. Bei der Weihnachts-bescherung der Familie Stahlbaum taucht Onkel Drosselmeyer auf. Er, verkörpert durch Igor Gherciu, bleibt eine wichtige Leitfigur im weiteren Ablauf. Mit hervorragender Gestik und Mimik, gewandten, zauberhaften Schritt-folgen und Drehungen beherrscht er das Geschehen und lenkt zugleich die Bewegungen der Kinder und deren Eltern bei der Bescherung.

Der von ihm an Marie geschenkte Nussknacker wird von deren Bruder Fritz in einem Wutanfall kaputt gemacht. Die Dramatik dieses Geschehens und die Lösung und Entspannung bei der darauf folgenden Reparatur der Puppe durch den Onkel wurden überzeugend herausgearbeitet. Im Traum vergrößert sich Maries Zimmer. Furchterregend huschen Mäuse durch diesen Raum. Im anschließenden Kampf zwischen Zinnsoldaten mit dem Nussknacker als Anführer und den Mäusen blieben die Bewegungen stets diszipliniert. Die große Fläche der Bühne wurde geschickt ausgenützt. Nach dem Wunder der Verwandlung des Nussknackers in einen schönen Prinzen mutiert das Zimmer zum Zauberwald. Vor dieser Kulisse ist es ein Vergnügen, die grazilen Bewegungen der Schneeflocken und des Nussknackerprinzen und Marie beim Walzer ansehen zu dürfen.

Begeisternd waren die klassischen Charaktertänze im zweiten Akt. Ob es sich dabei um den spanischen, arabischen, chinesischen, russischen, den effektvollen Tanz zu den Flöten oder den Blumenwalzer handelte - sie wurden in meisterhafter Weise zu den herrlichen Tongemälden gestaltet. Hierbei konnte man sich an den verschiedenen Sprüngen, an den Schrittwechseln und Gleitschritten, an den Pirouetten und anderen ausgefeilten Drehungen begeistern. Faszinierend die synchronen Bewegungen und die oft ins artistische sich steigernden Hebefiguren!

Hohe Professionalität

Großartig gelangen Marie (Cristina Terentiev) und dem Prinzen (Vladimir Statnii) der Pas de Deux mit der ausdrucksvollen Intrada, der Tarantella, jenes tempogeladenen Tanzes für den Prinzen, dem bekannten Tanz der Zuckerfee und dem virtuosen Tanz bei der Coda. Im Schlussbild zeigte sich schließlich noch einmal die hohe Professionalität dieser Ballettkompanie. Die Zuschauer bedankten sich für den genussvollen Abend mit lang anhaltendem, begeisterten Beifall.

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