Kaufbeuren | mab | Wer heute in Kaufbeuren und Umgebung einen Herzinfarkt bekommt, kann - anders als früher - in fast allen Fällen im Kaufbeurer Klinikum behandelt werden. Das geschieht inzwischen relativ unkompliziert mit Hilfe eines Herzkatheters, so Dr. Markus Riedl, Oberarzt der kardiologischen Abteilung am Klinikum.
Nicht transportfähig
Problematisch wird es allerdings, wenn es dem Patienten derart schlecht geht, dass ein solches Verfahren nicht mehr ausreicht, der Betroffene eigentlich operiert werden müsste, aber nicht transportiert werden kann, weil das für ihn lebensbedrohlich sein könnte. Das kommt zum Beispiel vor, wenn im Zuge des Infarktes ein Riss in der Herzscheidewand entstehe. So etwas lässt sich nur herzchirurgisch behandeln. Herzchirurgen gibt es aber nur in großen medizinischen Zentren. Deshalb wurde nun ein Kooperationsvertrag zwischen dem Kaufbeurer Krankenhaus und dem Zentralklinikum Augsburg geschlossen. Demnach fährt bei Bedarf ein Speziallastwagen mit einem herzchirurgischen Team, bestehend aus drei bis vier Fachkräften, von Augsburg nach Kaufbeuren.
In dem Lkw befindet sich zudem eine Herz-Lungen-Maschine, deren Einsatz in einem solchen Fall erforderlich ist. In Kaufbeuren angekommen, wird diese Maschine in den OP gebracht und der Eingriff kann beginnen. "Dies wird schon an einigen Orten praktiziert, befindet sich aber noch im Stadium eines Modellprojektes", so Riedl. Dadurch sei eine Herz-OP im Ernstfall "binnen weniger Stunden" rund um die Uhr auch in Kaufbeuren möglich. Durch den neuen Kooperationsvertrag könne das Klinikum den Menschen nun noch mehr medizinische Leistungen anbieten. Riedl betont aber, dass ein solcher Ernstfall nicht oft eintritt - etwa ein bis zweimal pro Jahr.
Hingegen explodiere quasi die Zahl der Patienten, die mit einem Herzkatheter behandelt werden (siehe Grafik), so Riedl. "Früher lagen die Menschen nach einem Infarkt oft wochenlang auf der Intensivstation, viele mussten zu Bypassoperationen nach München geschickt werden." Das sei heute oft nicht mehr nötig, weil man viele Fälle in Kaufbeuren inzwischen per Herzkatheter versorgen kann. Wenn etwa ein Herzkranzgefäß verstopft ist, wird ein Katheter über eine Vene in der Beckengegend, aber neuerdings auch über ein Gefäß am Handgelenk oder Oberarm in das betroffene Gebiet geschoben und die Engstelle mit einem Ballon aufgedehnt.

Medizinisches Wunder
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"Die Behandlung verläuft heute schmerzfrei, oft gibt es während dessen Musik zur Entspannung und der Patient, dem es vorher noch richtig schlecht gegangen ist, hat das Gefühl, er kann gleich aufstehen und nach Hause gehen."
Fünf bis sieben Tage nach einem Herzinfarkt werden in Kaufbeuren inzwischen viele Patienten wieder entlassen - in der Regel in eine Rehaklinik zur Anschlussheilbehandlung.