Johannes Träumer ist Polizist. Und er ist verheiratet – mit einem Mann. Eine Kombination, die auf den ersten Blick ungewöhnlich und schwierig wirkt. Schwul sein und Polizist – das war zumindest früher ein großes Tabuthema, sagt auch Johannes Träumer. In unserem Podcast sprechen wir mit ihm über seinen Beruf, über seine innere Einstellung und darüber, was es bedeutet, schwul und Polizist zu sein.
Der 36-Jährige ist groß, schlank und hat einen festen Händedruck. Das Lächeln, mit dem er uns begrüßt, ist offen und herzlich. Seit 1997 arbeitet er bei der bayerischen Polizei. Ursprünglich stammt er aus dem Unterallgäu, mittlerweile lebt und arbeitet er in Kempten. Sein Mann Matthias arbeitet im selben Präsidium. Kennengelernt haben sich die Beiden außerhalb ihrer Arbeit. Bei ihrem ersten Treffen stellten sie dann zufällig fest, dass sie sich beide ins Präsidium Kempten beworben hatten. Das sei ein Glück, sagt Johannes Träumer. Auf Streife gehen die Beiden trotzdem nie gemeinsam – das dürfen auch heterosexuelle Paare nicht. Homosexualität ist bei der Polizei immer noch ein Tabuthema, sagt der 36-Jährige. Im Jahr 2008 gründete Johannes Träumer den Verein lesbischer und schwuler Polizeibediensteter in Bayern e.V.- kurz VelsPol. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es VelsPol bereits in allen anderen Bundesländern – nur nicht in Bayern. In den 20 Jahren, in denen er für die bayerische Polizei tätig war, hat Johannes Träumer viele positive Veränderungen miterleben dürfen. Vor allem die Öffentlichkeitsarbeit von VelsPol habe dazu beigetragen. Seitdem herrscht ein offeneres Klima innerhalb der Polizei. Jetzt werden auch junge Menschen während der Ausbildung ganz offen darüber aufgeklärt, dass sie eines Tages vielleicht mit einem schwulen Kollegen oder mit einer lesbischen Kollegin im Streifenwagen sitzen könnten. Das kommt laut Träumer sehr gut an. Dabei hat er selber es lange Zeit gewagt, sich seinen Kollegen und Vorgesetzten gegenüber als homosexuell zu outen. Permanent plagten ihn schlimme Ängste. Er befürchtete, dass Kollegen ihn aufgrund seiner Sexualität nicht mehr ernst nehmen könnten und mobben würden. Was wäre, wenn Kollegen ihn im Einsatz einfach im Stich lassen würden? Also schwieg Johannes Träumer für lange Zeit. Auf Dauer ist das wahnsinnig anstrengend, sagt der 36-Jährige heute. Erst nach der Gründung von VelsPol konnte er sich zu einem Outing überwinden. Zu seiner Überraschung blieben seine anfänglichen Ängste düstere Fantasien. Seine Kollegen und Vorgesetzten reagierten sehr positiv und sprachen ihm ihre volle Unterstützung zu. Viele wollten mehr erfahren über seine Sexualität und die Szene, wie er es selber nennt. Für Träumer eine große Erleichterung. Trotzdem empfiehlt er nicht jedem, sich sofort zu outen. Das kommt immer auf die Situation an. Oftmals könne ein Outing einen bestehenden Konflikt beispielsweise noch verschlimmern. Was er sich für die Zukunft wünscht: Dass Homosexualität eines Tages selbstverständlich wird. Nicht nur innerhalb der Polizei, sondern auch innerhalb der Gesellschaft. Dann braucht es auch keine Vereine mehr, um gegen Vorurteile zu kämpfen.all-in.de Podcast: Schwul und Polizist: Johannes Träumer (36) aus Kempten über ein besonderes Berufsleben
