Bregenz/Westallgäu: Schutzschirme auch für die Beschäftigten

19. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Neujahrsempfang - Deutsche und österreichische Gewerkschaften gehen Hand in Hand - Gemeinsamer Termin

Man werde nicht akzeptieren, wenn Arbeitnehmer und Rentner die Folgen der Finanzkrise ausbaden müssen, obwohl sie nicht deren Verursacher sind, betonten die Redner beim gemeinsamen Neujahrsempfang des Österreichischen und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (ÖGB/DGB) am Freitagabend in Bregenz. Unabhängig davon sollen die Arbeitnehmervertreter aber "versuchen, aus der Krise eine Chance zu machen".

"Das Thema Kontrolle wirtschaftlicher Macht muss wieder auf die politische Tagesordnung, sonst bleiben alle Rettungsversuche Makulatur", warnte der Vorsitzende der DGB-Region Allgäu-Donau-Iller, Werner Gloning im Hotel "Mercure". Das Casino, wo mit den von den Menschen erarbeiteten Geldern gezockt werde, müsse geschlossen werden. Stattdessen brauche es wieder "ein Finanzmarktsystem, das seiner Aufgabe, die Wirtschaft mit den nötigen Finanzmitteln zu versorgen, gerecht wird", forderte Gloning.

Er sei "verunsichert, weil vieles von dem, was wir als Gewerkschaften gefordert haben plötzlich politisches Allgemeingut ist". Dazu gehörten etwa Forderungen wie mehr staatliche Kontrolle für das Bankenwesen, Konjunkturprogramme, Austrocknung von Steueroasen und vor allem der "Vorrang des Menschen vor dem Gewinnstreben", so der Gewerkschaftschef.

Was davon am Ende eingelöst werden wird, werde die "Nagelprobe" zeigen, beispielsweise bei den nächsten Tarifauseinandersetzungen.

Qualifizierungsoffensive"

Beiderseits der Grenze müssten die Arbeitnehmervertreter, aber auch alle gesellschaftlich Verantwortlichen "versuchen, aus der Krise eine Chance zu machen". So sollten die Konjunkturprogramme "genützt werden, um längst notwenige Entwicklungen rasch in Gang zu setzen", betonte Gloning und nannte beispielhaft die Bildungs- und Energiepolitik. Weiters sollte die Krise eine "Qualifizierungsoffensive in den Betrieben" ankurbeln.

"Die Fachkräfte wachsen nicht auf den Bäumen", kritisierte der Gewerkschafter vor allem die Wirtschaft, die in der Vergangenheit zu wenig ausgebildet habe, jetzt aber über akuten Fachkräftemangel klage.

Gezielte Förderung gefordert

Der DGB-Regionalvorsitzende forderte ferner "mehr soziale Gerechtigkeit" und vor allem "soziale Sicherheit", was gerade in der Krise noch wichtiger sei. Diejenigen, die es nötig haben, sollten gezielt gefördert werden. Gloning: "Wenn das Einkommen nicht mehr zum Leben reicht, ist das eine Sauerei." Daher brauche es auch einen "gesetzlichen Mindestlohn", wie er in Österreich zumindest teilweise schon verwirklicht sei.

"Wenn zur Rettung der Finanzsysteme milliardenschwere staatliche Schutzschirme aufgespannt werden, dann können sich auch die Beschäftigten weitgehende Maßnahmen zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze erwarten", stimmte Gastgeber und Vorarlbergs ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker nicht nur bei derlei Forderungen mit seinem deutschen Kollegen überein. Es könne und dürfe nicht sein, dass "wieder nur die Beschäftigten die Zeche zahlen. Loacker hob in seiner Rede auch die "grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Gewerkschaften" hervor, die nicht nur durch den nunmehr dritten gemeinsamen Neujahrsempfang manifestiert werde.