Waltenhofen-Hegge | rot | Wie das Leben so spielt: Ein junger Mann schaut auf dem Nachhauseweg in einem Gasthaus vorbei, sieht eine fidele Runde dort sitzen und seine Augen verweilen bei einer hübschen zierlichen Frau. "Die könnt mir gefallen", denkt er und trifft sie bald darauf wieder. Die jungen Leute verlieben sich - und zwar für ein ganzes Leben. Jetzt feierten Georg und Babette Sontheim ihre Diamantene Hochzeit.
Eine brünette Frau mit verschmitztem Lächeln, neben ihr ein großer, gestandener Mann - so zeigt das Hochzeitsbild die Eheleute Sontheim, die am 23. November 1948 in der Pfarrkirche Waltenhofen vor den Altar traten. "Pfarrer Nold, der inzwischen 104 Jahre alt ist, hat uns getraut", erzählt Babette Sontheim. Dann legt sie eine inzwischen vergilbte Karte auf den Tisch. Darin wird den Gästen mitgeteilt, dass sie zur Hochzeitsfeier mit Abendunterhaltung im Gasthaus Adler "freundlichst eingeladen werden".
"Alles hat perfekt geklappt, der Bruder meiner Braut sorgte dafür, dass ein Kalbsbraten auf den Tisch kam und meine Freunde sorgten für die Tanzmusik", schmunzelt der heute 88-jährige Ehemann. Schwieriger sei es dagegen gewesen, eine festliche Hochzeitskleidung zu bekommen.
Warum das so war, das weiß seine Frau Babette (89) noch genau: "Es war ja die bittere Nachkriegszeit, es gab nichts zu kaufen, also mussten wir unsere Festgewänder schließlich im Bekanntenkreis ausleihen."
Werkstatt im Stadel

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Zudem habe es weder Zeit noch Geld für fröhliche Flitterferien gegeben. Klar, ein Vierteljahr zuvor war die Währungsreform und das junge Paar hatte das vom Staat ausbezahlte "Kopfgeld" von 40 druckfrischen D-Markscheinen in den Kauf eines Stadels an der Sportplatzstraße im Waltenhofener Ortsteil Hegge investiert.
Nach Kriegsteilnahme mit anschließender Gefangenschaft in Frankreich war dieser private und berufliche Neubeginn "ein unglaubliches Glück", weiß Georg Sontheim noch gut. Der Stadel wurde von dem jungen Möbelschreiner als Werkstatt eingerichtet, und weil der Vater Babette das angrenzende Grundstück als "Aussteuer" zur Verfügung stellte, konnte sich das junge Paar "mit viel Mühe" ein Eigenheim bauen. Nach "mageren" Arbeitsjahren ging es auch beruflich bergauf, denn als Fenster-Spezialist arbeitete Schreinermeister Sontheim jahrelang mit der damals ortsansässigen Haindl Papierfabrik zusammen.
Ein Sohn und zwei Töchter entstammen der Ehe, zwei Enkelinnen sowie zwei Urenkelinnen sind dazugekommen. Weil das Jubelpaar sicher ist: "Die Familie war und ist unser Glück", wurde die Diamantene Hochzeit in einem großen Familienkreis gefeiert. Und Georg Sontheim überraschte seine Babette mit dem dicken Kompliment: "So a nette, fleißige Frau wie dich gibts it glei wieder."