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Artikel: Plötzlich ist man in Polen geboren

9. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
mathias wild

Steuer Unmut bei Heimatvertriebenen über Identifikationsnummer - Versand eingestellt

Von Stephan Schöttl |KaufbeurenGeboren wurde Rudolf Krause am 11. Februar 1931 in Löwenberg. Zu einer Zeit, in der dieser schlesische Ort noch zu Deutschland gehörte. Als der Kaufbeurer Alt-Oberbürgermeister vor Kurzem Post vom Bundeszentralamt für Steuern erhielt, war er ziemlich verdutzt. Das Schreiben enthielt Informationen über die Einführung der persönlichen Steuernummer, die zukünftige Lohnsteuerverfahren vereinfachen soll. Die Bundeszentrale ging bei der Auflistung des Geburtsortes aber von der heutigen politischen Situation aus. Und so stand auf Krauses Schreiben als Geburtsland Polen. "Ich bin und bleibe aber Deutscher", sagt dieser.

Betroffen sind in und um Kaufbeuren viele Heimatvertriebene. Neben den Schlesiern auch Sudetendeutsche sowie Russlanddeutsche. Doch sie verwehren sich gegen die Angabe der Geburtsländer Polen, Russland oder Tschechien. Der Unmut sprach sich bis ins Bürgerbüro der Stadt herum. Und Johann Wiltschko, Vorsitzender der Kaufbeurer Kreisgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft, ist davon ebenfalls nicht begeistert.

Löwenberg sei viel später unter polnische Verwaltung gestellt und erst zu Zeiten der Wende endgültig polnisch geworden, erklärt Krause. "Früher war das höchstens Preußen", sagt er.

"Staatsrechtlich nicht korrekt"

Zunächst hatte Krause die Angaben von Geburtsort und -land in dem Schreiben nicht sonderlich beachtet. "Für mich ist einfach nur die Nummer entscheidend", meint er. Doch als Vorsitzender der Schlesischen Landsmannschaft Kaufbeuren hörte er von einigen Mitgliedern von dem Fehler der Bundeszentrale. "Das ist höchst unerfreulich und staatsrechtlich einfach nicht korrekt", schimpft Krause. Gekränkt sei er dadurch aber nicht. "Entscheidend ist doch die Staatsangehörigkeit, die man auf seinem Ausweis stehen hat", so der Alt-OB. Dennoch hat er sich inzwischen entschieden, Widerspruch gegen den Bescheid mit den falschen Angaben einzulegen. "Auch wenn die Aussicht auf Erfolg wohl relativ gering ist."

Sigrid Fischer, Teamleiterin des Kaufbeurer Bürgerbüros, versteht die Verärgerung der Bürger: "Natürlich sind wir uns bewusst, dass viele der Orte damals zu Deutschland gehörten. Leider hatten wir auf die Angaben des Bundeszentralamtes keinen Einfluss." Inzwischen wurde die Versendung der Schreiben eingestellt - bis eine einheitliche Regelung mit den Interessensverbänden gefunden wird. Das Bürgerbüro bittet Betroffene daher, von weiteren Reklamationen abzusehen.

Die neue Identifikation fasst in einer Zahlenkombination alle Steuernummern zusammen (siehe Info-Box). Sie wurde bereits auf der Lohnsteuerkarte für 2009 vermerkt. In diesem Zusammenhang bitten die Mitarbeiter des Bürgerbüros, etwaige Freibeträge beim Finanzamt zu beantragen. Die Lohnsteuerkarten werden bis Mitte November verschickt.

Fehlende Freibeträge für Kinder unter 18 Jahren können nach Erhalt der Karten im Rathaus nachgetragen werden.