Von Barbara Hell |OberallgäuSie fühlen sich, als ob sie gegen Windmühlen kämpfen müssten, Margot und ihr Vater (Namen von der Redaktion geändert). Seit ihr Ehemann die Mutter von drei Kindern verlassen hat, steht die 31-Jährige 'völlig mittellos' da. Wenn ihre Eltern die Familie nicht mit Lebensmitteln unterstützen würde, 'müsste sie betteln gehen', meint der Vater, ein pensionierter Polizeibeamter, bitter.
Sein Vertrauen in den Sozialstaat sei erschüttert, sagt der Wiggensbacher. Denn bisher sei er der Ansicht gewesen, dass niemand im Stich gelassen werde, wenn er schuldlos in Not gerate. Aber seine Tochter, von Beruf Erzieherin, befinde sich mit ihren Kindern im Alter von fünf, sieben und neun Jahren in einer 'hoffnungslosen Lage'. Derzeit lebe die Familie von 290 Euro Hilfe zum Lebensunterhalt und 675 Euro Unterhalt vom Vater der Kinder. Weil Margot nach dem Auszug ihres Ehemanns Anfang März das Kindergeld neu beantragen musste, wartete sie wochenlang vergeblich auf die überlebenswichtige Summe von 462 Euro, bis die Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung für Arbeitsuchende Oberallgäu die vorzeitige Auszahlung über die Gemeinde anwies.
Dabei hat die Familie noch insofern Glück, als ihr zwangsversteigertes Haus in Börwang ein sehr entgegenkommendes Ehepaar kaufte: Es lässt Mutter und Kinder noch in dem Haus leben, bis diese eine eigene Wohnung gefunden haben. Die Mietkosten, 420 Euro für zwei Wochen, trägt derzeit die Arge.
Wiggensbach zu teuer
Die Suche nach einer Mietwohnung aber stellt sich als sehr schwierig heraus, wie Margot und ihr Vater finden. Denn weil die 31-Jährige einen 300-Euro-Job in Kempten hat und später gerne halbtags arbeiten möchte, würde sie mit den Kindern eben dort wohnen, wo die Großeltern sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits leben: in Wiggensbach. 'Dann könnten wir uns um die Kinder kümmern, wenn Margot arbeitet. Immer wäre jemand da.'
Der Knackpunkt: eine Wohnung, die für eine Familie mit drei Kindern laut Rechtssprechung maximal 90 Quadratmeter haben darf, sei für höchstens 380 Euro in Wiggensbach nicht zu finden. Und eine höhere Miete bezahle die Arge nicht. Vermieter verlangten aber um die 500 Euro, Margots Vater wäre bereit, 50 Euro monatlich beizusteuern, 'auch wenn uns das weh tut'. Die anderen 50 Euro erhofft die Familie von der Arge als Ausnahmeregelung.
Der pensionierte Polizeibeamte und seine Tochter wollen damit erreichen, dass die Familie nicht ewig auf staatliche Unterstützung angewiesen sei. In einem Brief an die Arge schreibt Margot: 'Wem ist denn gedient, wenn ich meinen Arbeitsplatz auch noch verlieren würde und vielleicht keine Chance auf einen neuen Arbeitsplatz habe. Das würde die Kosten für die Arge und damit für die Allgemeinheit doch nur noch erhöhen und das gerade will ich doch gar nicht. Ich möchte eine Chance für mich und meine Kinder.'
Günter Zeller, Geschäftsführer der Arge, bestätigt zwar, dass die Eingliederung in den Arbeitsprozess eines der Hauptziele des Sozialgesetzbuchs sei. Allerdings hält er diese Möglichkeit in Kempten eher für gegeben als in Wiggensbach, denn: 'Wiggensbach bietet laut unserer Arbeitsmarktanalyse für Frau H. derzeit keine guten Aussichten für einen Arbeitsplatz'.