Von Regina Speiser |Lindenberg/RankweilIn unserer alternden Gesellschaft wird eine Krankheitsform immer verbreiteter: Alzheimer und alle weiteren Formen von Demenz. Der Umgang mit dementen Menschen ist allerdings nur wenigen vertraut. Daher organisiert die Sozialstation Westallgäu einen Vortrag, bei dem Norbert Schnetzer aus Rankweil (Vorarlberg) über das Thema "Demenzkranke würdevoll begleiten" berichtet. Als Vorsitzender des Österreichischen Instituts für Validation kennt sich der 48-Jährige gut mit dieser Problematik aus. Außerdem spricht der Pflegedienstleiter am Landeskrankenhaus in Rankweil aus Erfahrung, da er selbst in seiner Familie damit konfrontiert ist.
Herr Schnetzer, inwiefern sind Sie selbst vom Thema Demenz betroffen?
Norbert Schnetzer: Wir leben zusammen in einem Mehrfamilienhaus. Das heißt, mein Bruder, seine Frau und sein Sohn und ich mit meiner Frau und zwei meiner Söhne. Gemeinsam pflegen wir unsere 85-jährige demente Mutter. Begonnen hat das vor zehn Jahren. Als sie 75 war, traten erste deutliche Kurzzeitstörungen im Gedächtnis auf. Das waren typische Anzeichen für eine beginnende Demenz.
Was war ausschlaggebend für die Entscheidung, Ihre Mutter zu Hause in der Familie zu betreuen?
Schnetzer: Eigentlich war das keine wirkliche Entscheidung. Die Pflegebedürftigkeit entwickelte sich langsam, Schritt für Schritt. Sie hat ja immer hier gewohnt, also haben wir sie auch daheim behalten. Jetzt, da sich ihr Zustand langsam verschlechtert, muss man sich allerdings schon bewusst dafür entscheiden.

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Wie weit ist die Krankheit bei Ihrer Mutter schon fortgeschritten?
Schnetzer: Sie nimmt ihr Essen zwar noch selbst ein und bewegt sich frei im Haus, aber bei der Grundpflege muss ihr immer geholfen werden. Sie ist wie ein zweijähriges Kind: Manchmal macht sie Dinge, die sie eigentlich nicht machen sollte, wie beispielsweise Wäsche abnehmen. Oder sie zieht sich alleine an. Aber das Ergebnis ist eben nicht so, wie es sein sollte.
Welche Einschränkungen brachte die Erkrankung Ihrer Mutter mit sich?
Schnetzer: Natürlich ist man jetzt nicht mehr so ungebunden und kann nicht einfach in den Urlaub fahren. Die Rundumbetreuung meiner Mutter muss immer organisiert werden.
Nehmen Sie bei der Pflege auch Hilfe von außen in Anspruch?
Schnetzer: Meine Mutter geht zwar dreimal die Woche in eine Seniorenbetreuung, ansonsten wird sie aber allein von uns als Familie gepflegt. Da meine Frau und ich ausgebildete Pflegekräfte sind, tun wir uns damit natürlich auch leichter.
Sie haben mit Ihrer Familie als Fallbeispiel in dem österreichischen Dokumentarfilm "Zurück zu einem unbekannten Anfang" mitgewirkt, in dem es um das Leben mit Alzheimerkranken geht. Wie kam es dazu?
Schnetzer: Es gibt viele Filme über das Thema, die nur an Fachleute gerichtet sind. Daher hatte ich mit meiner Stellvertreterin vom österreichischen Institut für Validation die Idee, einen Film für die Allgemeinheit zu drehen. Wir wollten Menschen, die mit Demenz nicht direkt in Kontakt stehen, damit konfrontieren. Dazu haben wir mehrere Fallbeispiele gesucht. Bei meinem Vortrag in Lindenberg werde ich vermutlich einen Teil des Films zeigen.
Der Vortrag "Demenzkranke würdevoll begleiten" von Norbert Schnetzer findet am Freitag, 19. September, um 15 Uhr im katholischen Pfarrheim in Lindenberg statt. Veranstalter ist die Sozialstation Westallgäu.
Informationen zum Film "Zurück zu einem unbekannten Anfang":