Artikel: Mehr als nur eine Kopfbedeckung

1. Januar 2003 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Die Hutkönigin über Mode, ihre Amtspflichten, Neider und eine wundersame Vermehrung Von Peter Szarafinski Lindenber. Nein, zu Kopf sei ihr der Ruhm nicht gestiegen. 'Mein Freundeskreis ist noch immer derselbe', lacht Saskia Hirschauer. Die 30-jährige Wangenerin wurde im April zur ersten Lindenberger Hutkönigin gewählt - ein Akt, der nicht ganz unumstritten war. Mehrere unterlegene Konkurrentinnen warfen der Jury Voreingenommenheit vor. Sie selbst seien zudem bei der Kleiderwahl benachteiligt worden. Aus der Sicht der Modeschau-erfahrenen Siegerin Hirschauer war dieses Aufbegehren eine Folge von 'Unerfahrenheit, Neid und Enttäuschung' der Konkurrentinnen. Als die Hutkönigin der Einladung unserer Zeitung folgt, weht eine Wolke aus Eleganz in die Redaktionsstube. Ein weißer Wollpullover, so fein, als stamme er direkt aus der Waschmittelwerbung. Und über dem offenen, leuchtend rot umrandeten Lachen eine sportliche Baskenmütze mit Felleinsatz. Man merkt ihr an, dass ein Hut für sie mehr ist als nur eine praktische Kopfbedeckung. Aber verändert hat sich seit dem Frühjahr trotzdem etwas: 'Ich befasse mich mehr mit Hüten. Vorher habe ich sie nur getragen.'Hutkönigin zu sein, das ist ein Ehrenamt. Fahrtkosten bekommt Hirschauer zwar erstattet, mehr aber auch nicht. Sechs Tage war sie 2002 im Einsatz, von der Eröffnung des Lindenberger Stadtfestes bis hin zu einer Touristik-Messe in Erfurt.

Diese Zeit muss sich die gelernte Reiseverkehrsfachfrau, die heute bei einer Finanzberatung arbeitet, von ihrer Freizeit abknapsen. Einen Vorteil haben die Auftritte allerdings: Die Hüte dafür, mit ihr abgesprochene Maßanfertigungen, darf sie behalten. Ihre Hutkollektion ist dadurch 'stark gewachsen', lacht sie. 25 Stück nennt sie ihr eigen, darunter inzwischen auch ausgefallene Exemplare, 'die ich nicht jeden Tag tragen würde'. Einen dem Anlass angemessenen Hut, glaubt Hirschauer, kann man immer tragen, selbst im Freibad. Außer vielleicht beim Rollerfahren, der Helmpflicht wegen. Sogar ein Baseball-Käppi ist für sie ein Hut, auch wenn sie selbst privat keinen tragen würde. Das würde kaum zum Image einer Hutkönigin beitragen, erklärt sie. Wenn sie irgendwo als solche auftrete - natürlich mit entsprechender Kopfbedeckung, komme sie gut an und wecke vor allem viel Neugier für das Thema Hut. Denn ein Hut, das sei viel mehr als nur Mittel zum Zweck, mehr als nur Schutz vor Regen oder Kälte. Ein Hut ist Selbstzweck, ist Mode, ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. 'Er macht schick und man wird anders behandelt.'Zum Beispiel vom Wangener Oberbürgermeister Michael Lang. Der wunderte sich ihr gegenüber, dass eine schöne Wangenerin Lindenberg repräsentiere. 'Aber ich denke, auch für Lindenberg ist das in Ordnung', blickt die Hutlönigin auf das vergangene Jahr zurück. 2002, das war für Saskia Hirschauer ein 'schönes, interessantes und aufregendes Jahr. Und meine Hüte haben sich vermehrt'.