Kempten: Hanf ohne Rauschwirkung im Garten: Haftstrafe

9. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Justiz - Rentner erneut vor Gericht, obwohl Pflanzen nicht berauschend wirken

Noch bis Mai sitzt ein 61 Jahre alter Rentner in Haft. Im Kemptener Gefängnis verbüßt er eine sechsmonatige Strafe, weil er zum wiederholten Mal Hanf angebaut hatte. Doch es handelte sich nicht um Pflanzen, aus denen Marihuana oder Haschisch hergestellt werden kann, sondern um so genannten Nutzhanf. Der enthält nur geringste Spuren des Wirkstoffs THC, so dass eine Weiterverarbeitung zu berauschenden Cannabis-Produkten gar nicht möglich ist. Dennoch gilt: Der Anbau von bestimmten Nutzhanf-Sorten, aus denen beispielsweise Fasern, Papier oder Tees hergestellt werden können, ist in Deutschland nur Landwirten erlaubt. Und sie müssen dies beim Bundesamt für Ernährung in Frankfurt anzeigen. Wer - wie dies der Rentner aus Kempten machte - Nutzhanf in seinem Garten anbaut, verstößt gegen das Betäubungsmittelgesetz. Auch wenn aus der Ernte keine betäubenden Mittel hergestellt werden können.

Der 61-Jährige musste sich nun erneut vor dem Amtsgericht verantworten, weil die Polizei in seiner Wohnung Hanfprodukte sichergestellt hatte. Da aber nicht geklärt werden konnte, wann diese Produkte - es soll sich um Hanftee gehandelt haben - angebaut worden waren, wurde das Verfahren eingestellt. Der Rentner begründet seinen Kampf für die Legalisierung des Hanfanbaus mit seiner angeschlagenen Gesundheit: Er habe immer wieder Knieschmerzen und nur Cannabis (der wissenschaftliche Name für die Pflanzengattung Hanf) verschaffe Linderung. "Ich setze mich für die Legalisierung ein, weil ich selbst sehr gute Erfahrungen gemacht habe", begründete der Angeklagte vor Gericht.

Hanfkissen aus Apotheke

Dass ihm die Staatsanwältin jetzt den Besitz von 300 Gramm Marihuana vorwarf, sei völlig haltlos. Es handle sich um vor Jahren in seinem Garten selbst angebauten Nutzhanf und beispielsweise Produkte aus einem Hanfkissen, das er in einer Kemptener Apotheke gekauft hatte. Auch sei teilweise Hanftee aus einem Versandhandel irrtümlich als Marihuana sichergestellt worden.

"Ich habe niemand gefährdet oder geschädigt", beteuerte der Angeklagte. Der Amtsrichter gab ihm den Rat, nach Holland umzuziehen, "wo das erlaubt ist." Seinem Vorschlag, das jetzige Verfahren einzustellen, stimmte schließlich auch die Staatsanwältin zu. Trotzig blieb der Rentner bei seiner Meinung: "Ich habe das Recht auf meine Medizin."