Marktoberdorf/Ostallgäu | sg | Die Qualität des Unterrichts ist ausschlaggebend. Ob nun Lehrer oder Lehrerinnen diesen Unterricht geben, ist nach Meinung von Schulamtsdirektor Eduard Gapp nicht von so großer Bedeutung. Alarm schlägt dagegen der Präsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV), Klaus Wenzel. "Es ist unverantwortlich, wenn Schul- und Bildungspolitiker hinnehmen, dass Kindern männliche Rollenvorbilder fehlen." Er fordert daher Schritte, den Beruf des Grundschullehrers auch für Männer attraktiver zu machen. Denn 86 Prozent des Lehrpersonals an Grundschulen sind in Bayern - und auch im Ostallgäu - Frauen. Die Tendenz ist weiter steigend. Heuer sind zum Beispiel im Ostallgäu alle 21 Lehramtsanwärter für Grund- und Hauptschule, die am ersten Schultag vereidigt werden, weiblich (Vorjahr 16:3, davor 15:3).
Wenzels Argument, dass "die körperlichen und seelischen Folgen für Mädchen und Jungen dramatisch" sein könnten, wollen Gapp und Schulrätin Marina Elbert nicht folgen und weisen der familiären Situation eine weit größere Rolle zu.
Sinnvoll sei es, so Gapp, wenn Männer die Erziehung der Kinder in der Familie zu ihrer Sache machten und sich nicht heraushielten. Und auch Marina Elbert meint, dass Kindern am meisten gedient sei, wenn sie präsente Väter haben. "Die männliche Erzieherrolle ist für Buben und Mädchen gleichermaßen wichtig für ihre Identitätsentwicklung."
"Keine Benachteiligung"
Eine Benachteiligung von Buben durch vorwiegend weibliche Lehrer sehen beide nicht. Wogegen Wenzel sich auf Studien bezieht, die belegten, dass "Jungen unter der Feminisierung des Lehrberufs leiden". Fest stehe auch, dass Mädchen selbstbewusster werden, wenn sie männliche Rollenvorbilder erleben. Dazu räumt Gapp ein, dass sicher jede Lehrerin und jeder Lehrer immer wieder überprüfen müssten, den Fokus der Unterrichtsinhalte und -methoden wirklich auf beide Geschlechter zu legen und aus der breiten Palette der Unterrichtsformen die richtige zu wählen. "Hier arbeiten unsere Lehrkräfte höchst verantwortungsvoll."

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"Standespolitische Interessen"
Keinerlei Nachteil sieht auch Stefan Bartl von der Katholischen Erziehergemeinschaft Ostallgäu (KEG) darin, dass vorwiegend Lehrerinnen an den Grundschulen tätig sind. Der BLLV, so vermutet Bartl, habe wohl auch standespolitische Interessen im Auge. Denn indem die Feminisierung des Lehrberufs problematisiert werde, fordere der BLLV zugleich eine bessere Bezahlung und hoffe, den Beruf für Männer damit attraktiver zu machen. Es seien von staatlicher Seite bereits Überlegungen im Gange, hier etwa durch eine Verbesserung der Beförderungsmöglichkeiten für Volksschullehrer neue Anreize zu schaffen, sagt Gapp.
Als Rektor der Adalbert-Stifter-Schule hat Friedrich Pfanzelt kein Problem damit, dass er bei 21 Lehrkräften ab kommendem Schuljahr der einzige Mann ist. Auch wenn Untersuchungen davon sprächen, dass es von Vorteil sein könnte, wenn auch mehr Männer an der Grundschule unterrichteten. Wichtig sei vielmehr, dass Schule und Elternhaus bei der Erziehung der Kinder an einem Strang ziehen und - ob Bub oder Mädchen - den individuellen Bedürfnissen des Kindes gerecht werden.
Elterngesprächskreis gegründet
Ein Elterngesprächskreis hat sich an der Grundschule St. Martin in Marktoberdorf gegründet nach dem viel beachteten Vortrag "Was ist los mit unseren Jungs".
Dieses Zusammenwirken von Schule und Eltern begrüßt Rektor Jörg Schneider sehr. Er bestätigt, dass für Buben in vielen Fällen männliche Identifikationsmuster fehlen. Dies sei gesellschaftlich bedingt.