Kaufbeuren | avu | Es gab Zeiten in der Altstadt, da stellten die Autofahrer ihre Fahrzeuge einfach Seite an Seite quer zur Kaiser-Max-Straße ab. Viel Blech, wenig Platz - eine andere Möglichkeit gab es gar nicht. Wer in die Stadt wollte, blieb mit seinem Wagen stehen und ging einkaufen. Es war die Ära des "Kaufbeurer Modells", als das wilde Parken toleriert wurde. Vor ein paar Jahren beendete der Stadtrat diesen Zustand; es war plötzlich von "Aufenthaltsqualität" die Rede. Stellflächen wurden markiert, Gebühren erhoben und wieder gesenkt, Parkautomaten und jede Menge mehr oder weniger erklärende Verkehrsschilder aufgestellt. Sogar die "Semmeltaste" für das kostenlose Kurzzeitparken hielt Einzug. Mittlerweile hat sich zwar nicht die Rechtslage, aber die Situation schleichend verändert: Geparkt wird häufig, wo es geht.
"Manchmal gibt es kaum ein Durchkommen", sagt ein Ladenbetreiber, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Er profitiere zwar von Parkplätzen vor dem Haus. Zeitweise werde aber sogar in der zweiten Reihe geparkt - auch dort, wo keine Stellflächen markiert sind. Im jetzigen, neuen Stadtrat sind ebenfalls nicht alle Mitglieder zufrieden mit der Situation. "Das Konzept ist nicht mehr erkennbar", sagt Grünen-Fraktionschef Wolfgang Hawel. Aufgeschrieben würden falsch parkende Autofahrer seiner Erfahrung nach kaum mehr, außer sie blockieren oder gefährden jemanden. Für Catrin Riedl-Schmied (SPD) stellt sich die Verkehrssituation jetzt noch schlimmer dar als zu Zeiten des wilden Parkens. "Es gibt eine Tendenz zur Liberalisierung", meint auch Ernst Schönhaar von der CSU, der das aber nicht negativ sieht.
Beschwerden von Bürgern über den jetzigen Zustand seien ihm nicht bekannt.
"Mit Augenmaß vorgehen"
Grundsätzlich gelte nach wie vor die Regelung, wonach im verkehrsberuhigten Bereich außerhalb der markierten Flächen nicht geparkt werden darf, stellt der zuständige städtische Referatsleiter Dr. Gert Peter Strunk klar. "Auf der anderen Seite wollen wir mit Augenmaß vorgehen und die Besucher der Altstadt nicht mit übermäßiger Strenge vergraulen", sagt er. "Alles muss verhältnismäßig sein." Der ruhende Verkehr in der Altstadt werde auch weiterhin kontrolliert. Allerdings gebe es die Parküberwachung in ihrer bisherigen Form nicht mehr.

Stadtrats-Beschluss
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Mittlerweile übernimmt laut Strunk der sechsköpfige städtische Ordnungsdienst, der beispielsweise auch bei Vandalismus und Verschmutzungen tätig wird, diese Aufgaben.
Die bisherige strenge Lösung habe wohl viele verärgert, meint Schönhaar, der bekennt, dass es keine einheitliche Meinung dazu in seiner Fraktion gibt. Parken sei ein schwieriges Thema: "Der eine möchte Belebung, der andere Beruhigung." Er sehe auch die Situation des Einzelhandels, räumt Hawel ein, der sich nicht als fanatischer Autofeind dargestellt sehen möchte. Die Altstadt dürfe aber nicht zu einem einzigen großen Parkplatz verkommen. Eine Auslastung der Parkhäuser sei sicher der bessere Weg. Für Catrin Riedl-Schmied wäre es wünschenswert, sich zumindest auf das im Stadtrat beschlossene Parkkonzept zu besinnen.
"Wir wollen den Zustand von damals", sagt sie. Und das bedeute: Parken wird nur auf den gekennzeichneten Flächen toleriert.