Von Claudia Benz |KemptenWenn er von seiner kommunalpolitischen Zeit erzählt, wird er richtig lebhaft. Wenn er auf seine Amtszeit als Oberbürgermeister zurückblickt, fallen ihm viele kleine Begebenheiten ein. Doch fragt man Alt-Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Roßmann, wie es ihm im Ruhestand geht, kommt aus vollem Herzen ein einziges Wort: "Gut".
24 Jahre lang machte Dr. Wolfgang Roßmann Kommunalpolitik in Kempten, davon sechs Jahre (1990 bis 1996) als Oberbürgermeister. Vor kurzem feierte der ehemalige Vorsitzende Richter am Landgericht Kempten (seit 2003 in Pension) seinen 70. Geburtstag. Nächste Woche wird sein Porträt in der "Galerie der Bürgermeister" Platz finden. Dann wird der Mann, der bei der OB-Wahl 1996 seinem Gegenkandidaten Dr. Ulrich Netzer Platz machen musste, auch den einen oder anderen Weggefährten treffen. Denn fast ein Drittel seines Lebens widmete Roßmann (nach der OB-Wahl noch bis 2002 im Stadtrat) der Kommunalpolitik. "Gerne" habe er das gemacht, schließlich war er eingebunden in das Stadtgeschehen: "Es war eine spannende Zeit.
" Deshalb habe ihn die Abwahl zunächst enttäuscht, obwohl er sie dann doch schnell verschmerzt habe.
Bahnbrechende Entscheidungen
Wenn das Ehepaar Roßmann durch die Stadt geht, gibt es einiges, das an die Zeit als Stadtoberhaupt erinnert. Auch an manch bahnbrechende Entscheidung. Den Bau der ZUM zum Beispiel. Noch gut weiß der Alt-OB, wie umstritten dieser Platz war, wie hitzig der Abriss des alten Lyzeums diskutiert wurde. Heute, ist Roßmann überzeugt, "hat sich der Platz bewährt". Noch heute werde er von Busfahrern gegrüßt und gefragt, ob er nicht mitfahren wolle.

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Und dann fällt Roßmann noch vieles aus seiner Amtszeit ein: Die Neugestaltung Rathausplatz, die Idee, am alten Bahnhofsplatz (heute Forum Allgäu) ein Einkaufszentrum zu errichten, der Kauf des Prinz-Franz-Kasernen-Geländes "so billig wie sonst wohl nirgendwo in Deutschland". Da kommt Roßmann auf einen Mann zu sprechen, den er sehr geschätzt und gemocht habe: Den langjährigen Landtagsabgeordneten Paul Diethei. Wie ein "Zauberstab" sei der CSU-Politiker gewesen, wenn es darum ging, dem SPD-OB Ministertüren zu öffnen. Stets sei es Diethei in erster Linie um die Stadt-Interessen gegangen. So beim Neubau JVA - "ein großer Coup", da ursprünglich ein Ausbau des alten Gefängnisses geplant war.
Wie sieht Roßmann heute die Stadtpolitik? "Durchaus positiv", meint er: "Die letzten Kommunalwahlen haben den Stadtrat bereichert." Nicht einverstanden allerdings ist Sozialdemokrat Roßmann mit dem Weg, den die Stadtrats-SPD eingeschlagen hat. Mit dieser Nähe zur CSU gibt der langjährige frühere SPD-Fraktionsvorsitzende seinen Genossen keine Überlebenschance: "Die SPD muss eine selbstständige Politik machen."
Dass dies Roßmann beschäftigt, spürt man. Ansonsten aber ist der Pensionist mit anderem ausgefüllt: mit Sprachen (Spanisch, Englisch, Italienisch, Französisch), Reisen (zwei Monate im Jahr in ferne Länder), mit Lesen - und natürlich mit seiner Familie. Drei Töchter - von der Ostsee über Weimar bis Heidelberg verstreut - und fünf Enkel halten Wolfgang Roßmann und seine Frau Ursula auf Trab.
Und bringen bei den Besuchen quer durch die Republik immer wieder auch Interessantes aus Deutschland näher.