Freizeit mit Profil (17) 80 Amateurkünstler stellen seit 36 Jahren als Gruppe "Wir 18" professionelle Shows auf die Beine">

Artikel: "Eine große Familie" und ihre Bühnenträume

10. September 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
beckmann

Freizeit mit Profil (17) 80 Amateurkünstler stellen seit 36 Jahren als Gruppe "Wir 18" professionelle Shows auf die Beine

Von Veronika Krull |Sonthofen-AltstädtenEigentlich müsste die Gruppe "Wir 80" heißen. Denn aus den anfänglich 18 jungen Leuten der Jungkolping-Gruppe Altstädten, die vor 36 Jahren einen Chor gründeten, sind inzwischen rund 80 Amateurkünstler geworden, die auf und hinter der Bühne professionelle Musicals und Shows gestalten. Doch der Name "Wir 18" ist in diesen gut dreieinhalb Jahrzehnten zu einer Art Markenzeichen geworden, das schon längst nicht nur im Allgäu bekannt ist. In vier Jahren feiert die Truppe ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. "Auf jeden Fall ein Einschnitt", sagt Helmut Rothmayr, der Dirigent, Regisseur, Drehbuchautor und Komponist in einem ist.

Der 53-jährige Altstädter hatte damals die Idee zum gemeinsamen Gesang, obwohl er ursprünglich "aus der Blasmusik" kommt. Bereits mit 14 Jahren gründete der Jungtrompeter eine Oberkrainer Gruppe. Er habe auch mal mit dem Gedanken gespielt, Musik zu studieren, gesteht Rothmayr. Aber der Oberstdorfer Gymnasiast wollte seinerzeit nach dem Abitur vor Ort bleiben und erlernte den Kaufmannsberuf. Die Entscheidung hat er nie bereut: "Wäre ich Musiklehrer geworden, hätte ich wahrscheinlich nicht die Kraft für Wir 18 gehabt."

Das große Hobby Singen

Von den 18 Gründungsmitgliedern sind heute noch zehn dabei, darunter auch Thea Rothmayr, die Ehefrau des Chefs. Selbst die Kinder waren zeitweise eingebunden in die Produktionen: Dass ganze Familien in der Musical- und Showgruppe mitwirken, ist nicht ungewöhnlich. Stefanie Kuhn war sechs, als sie in den Kinderchor ging - der Papa war Gründungsmitglied, die Mama kam ein Jahr später dazu. Heute ist die 28-jährige Sopranistin als "Scaramouche" Solistin in der aktuellen Produktion "Musicalmania". Die Kinderpflegerin, die auch in einer Rock-Coverband mitwirkt, bezeichnet das Singen als ihr großes Hobby: "So gohts mir guet." Mit der Verlegung der Herbstshows ins Festspielhaus Füssen (wir berichteten) werde für sie ein Traum wahr: "Einmal als kleiner Darsteller auf einer richtigen Bühne!"

"König Ludwig" Klaus Nowak kam durch seine Frau (Gründungsmitglied) dazu und ist auch nach 17 Jahren noch begeistert: "Für mich ist das eine große Familie", schwärmt der 60-jährige EDV-Systemverwalter. Er liebt klassische Musik und Musicals. Seine Lieblingswerke? Nowak muss nicht lange überlegen: "Phantom der Oper" und "Verlorene Träume".

"Verlorene Träume" ist nach "Notwender" die zweite Eigenproduktion der Gruppe und kam bei den Zuschauern bisher am besten an. Aber Dirigent Helmut Rothmayr legt Wert auf unterschiedliche Werke, er will nicht in Schubladen eingeordnet werden. Er freut sich, dass er seine Phantasie "ausspielen" kann: "Ich habe das Glück, meine Ideen produzieren zu können."

Er arbeitet gern mit der Gruppe, er liebt das Theaterspiel: "Ich brauche nur die Luft zu atmen, dann geht der Schalter im Herzen um." Und er liebt den Kontakt zum Publikum: "Das ist unser Erfolgsrezept", sagt der Chef. Und wenn den professionell agierenden Laiendarstellern mal ein Patzer unterläuft, stehen sie dazu. Rothmayr: "Wir geben, was wir können. Wir versuchen, im Amateurbereich das Optimum herauszuholen."

Ausflüge, um zu lernen

Nicht ganz uneigennützig führen die Ausflüge des Ensembles häufig in "Musicalstädte": "Wir schauen uns viel an, um zu lernen", sagt Helmut Rothmayr. Für Solist Markus Vogler (31), der in seinem Hobby auslebt, "was ich immer wollte", auch eine Chance, die Freundschaften zu pflegen.

Kaum vorstellbar, dass diese verschworenen "Wir 80" einmal auseinandergehen sollten. Rothmayr, für den das Jubiläum in vier Jahren schon eine Zäsur bedeutet: "Wir müssen generell überlegen, wies weitergeht." Stefanie und Markus lächeln: "Das hat man auch schon beim 25. gesagt."