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Ein Nachmittag als richtige Prinzessinen

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Ein Nachmittag als richtige Prinzessinen

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    Behinderte Zwillinge "residieren" auf Schloss Hohenaltheim Von Melanie Weisgerber und Nicole Schmidt Buchloe/Nördlingen "Jetzt sehen wir uns gleich, Melli!" Dichtgedrängt steht und sitzt die Familie Kupfahl im kleinen Fernsehzimmer. Papa Robert ist der einzige, der den Videofilm kennt. Drei Tage ist es her, dass für seine behinderten Töchter Sabrina und Melanie der zweitgrößte Wunsch ihres neunjährigen Lebens in Erfüllung ging: Die Mädchen durften einen Nachmittag auf einem Schloss verbringen. Ermöglicht hatte dies die Weihnachtswunschaktion des Hörfunkprogramms Bayern 1. Erst in letzter Sekunde, als man ihnen auf Schloss Hohenaltheim die Prinzessinnen-Kleider überstülpte, erfuhren die Zwillinge, was da eigentlich läuft: Mama Wiltrud hatte die Überraschung eisern für sich behalten.

    Fürstin Lioba zu Oettingen-Wallerstein lachte später herzlich über das Täuschungsmanöver der Eltern: Einen ganz normalen Weihnachtsmarkt-Besuch hatten die Kupfahls ihren Kindern angekündigt, als es Richtung Nördlingen ging. Und die Töchter maulten ordentlich, das schlechte Wetter machte nicht gerade Laune auf so einen Ausflug. Wiltrud Kupfahl wurde während der Fahrt immer nervöser. Angesichts der schimpfenden Mädchen wäre sie gerne mit ihrem Geheimnis herausgeplatzt, außerdem wurde die Zeit knapp. Als die Familie aus Buchloe schließlich mit zehnminütiger Verspätung bei Schloss Hohenaltheim vorfuhr, stand Fürst Moritz zu Oettingen-Wallerstein bereits am Tor. Wiltrud Kupfahl hatte sich einige Wochen zuvor an den Bayerischen Rundfunk gewandt, um an der Wunschaktion teilzunehmen. Damals schrieb sie: "Der größte Wunsch meiner Kinder wäre es, nicht behindert zu sein und laufen zu können. Diesen Wunsch kann niemand auf dieser Welt erfüllen. Aber die Mädchen haben noch einen anderen großen Wunsch: Sie sind ganz vernarrt in die Sissi-Filme und würden so gerne für einen Tag Prinzessin mit einem schönen Kleid auf einem schönen Schloss sein." Ihrem Mann erzählte die 38-Jährige nur beiläufig von dem Brief. Am 10. Dezember meldete sich der Bayerische Rundfunk und verschwor sich mit ihr: Der Fürst werde den ahnungslosen Papa anrufen und einladen - das Gespräch sollte für das Radio aufgezeichnet werden. Wiltrud Kupfahl hatte ihre liebe Not, den Ehemann zum vereinbarten Zeitpunkt im Haus zu halten. "Ich hab´ ihm schließlich erzählt, der Kaminkehrer käme um 16 Uhr." Das funktionierte. "Es kommt in der Aufzeichnung vielleicht nicht so rüber, aber ich war wirklich aufgeregt", gibt Robert Kupfahl zu. Vor lauter Nervosität habe er sich nicht einmal den Namen des Fürsten merken können. Am 19. Dezember war es dann soweit: Aber erst nachdem das Ehepaar seinen Kindern im Haupttrakt des Schlosses die Prinzessinnen-Kleider angezogen hatte, lüftete es das Geheimnis: "Ihr dürft heute einen ganzen Tag lang Prinzessinnen sein." Im ersten Moment waren Sabrina und Melli sprachlos - erst recht, als ihnen auch noch Bayern-1-Lokalreporter Oliver Christa ein Mikrofon unter die Nase hielt. Doch nach ein paar Minuten waren sich die Zwillinge einig: "Wunderschön."Im Salon der bereits verstorbenen Großmutter des Fürsten erzählten die beiden Mädchen bei Plätzchen und Tee von ihren Erlebnissen. Anschließend sahen sie sich die Schlossräume an - normalerweise sind letztere der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Auch über den Weihnachtsmarkt im Schlossvorhof ging es. Besonders die Schafe, Ziegen und Ponys, die sich um das Christuskind im ehemaligen Schlossgraben tummelten, und die ausgestellten Krippenfiguren begeisterten die Kinder. Bevor die Kupfahls wieder die mehrstündige Heimfahrt nach Buchloe antraten, konnten sie noch einmal den Aufenthalt im Hohenaltheimer Schloss genießen: In Decken gehüllt und mit Wärmflaschen versorgt, verbrachten sie die restliche Zeit in dem historischen Gemäuer."Die waren nett", erinnert sich die neunjährige Sabrina an das Fürstenpaar. Die Eltern schwärmen regelrecht von der Natürlichkeit und Herzlichkeit der adligen Gastgeber. "Die Fürstin schob Melanies Rollstuhl über den Weihnachtsmarkt, als wäre das die normalste Sache der Welt."Die Prinzessinnen-Kostüme, die ja unbedingt zur Wunscherfüllung gehörten, schenkte der Bayerische Rundfunk den Mädchen. Jetzt hängen die Kleider im Fernsehzimmer am Garderobenständer - rosarot und mit Federboas geschmückt. "Die beiden sehen doch wirlich süß aus, oder?", fragt Mutter Wiltrud in die Runde, während das Video läuft. "Ehrlich gesagt war das schon wie Fasching", lächelt Sabrina. Ihrer Klasse hätten die Kinder "mit leuchtenden Augen" von dem Ereignis erzählt, notierte später die Lehrerin im Schulberichtsheft. Wiltrud Kupfahl hatte die Frau vorbereitet, "damit sie nicht denkt, die Mädchen erzählen Märchen". Sabrina schaltet sich ein: "Auch wenn ich jetzt einmal im Schloss war. Mein Wunsch wäre, immer dort zu sein."

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