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Artikel: Ein Mittel gegen Reizblase

13. September 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
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Heilpflanzen-Serie (3) Für die heimische Echte Goldrute gibt es keinen gleichwertigen Ersatz - Nicht selbst sammeln

Von Prof. Dr. Dr. Heinz Schilcher |OstallgäuÜberall, vor allem an Straßenrändern, auf Schutthalden und Kahlschlägen und in den Auen der Gebirgsbäche fallen derzeit die leuchtend gelben Blütenrispen der 0,5 bis 1,5 Meter hohen Riesengoldrute und der Kanadische Goldrute sowie der Bastarde aus den beiden nahe verwandten Arten auf.

Diese auffälligen Goldruten-Arten sowie auch die grasblättrige Goldrute, die nur der Fachmann identifizieren kann, sind als Garten-Zierpflanzen aus Nordamerika und Kanada nach Europa gekommen und gartenflüchtig geworden.

In relativ kurzer Zeit haben die neuen Goldruten-Arten die einheimische Echte Goldrute (Solidago virgaurea L.), die bislang eine große Rolle als ausgezeichnet wirksames harntreibendes Mittel mit entzündungshemmender Komponente spielte, vom Markt verdrängt.

Da Ende der 60er-Jahre in mehreren Tierexperimenten festgestellt worden war, dass die beiden Garten-Goldrutenarten gegenüber der Echten Goldrute eine vergleichbar gute harntreibende Wirkung besitzen und sehr kostengünstig gesammelt werden können, wurden ohne allzu große medizinische Detail- überlegungen die Riesen- und die Kanadische Goldrute in die europäische Pflanzenmedizin eingeführt.

Fakt ist allerdings: Umfangreiche interdisziplinäre Forschungsergebnisse zeigen, dass die beiden Garten-Goldrutenarten keinen therapeutisch gleichwertigen Ersatz für die Echte Goldrute und deren alpine Unterart (Solidago virgaurea subspecies minuta) darstellen.

Mit Recht hat der Arzt Dr. Gottfried Rademacher im 19. Jahrhundert die Echte Goldrute als "das Nierenmittel" bezeichnet. Es ist sehr wichtig zu wissen, dass einige Inhaltsstoffe, die sowohl der Riesen- als auch der Kanadischen Goldrute fehlen, für die beachtliche entzündungshemmende Wirksamkeit der Echten Goldrute verantwortlich sind.

Die Echte Goldrute, im Volksmund auch als "Heydnisch Wundkraut" bezeichnet, wird als zehnprozentige Abkochung zu Umschlägen und Auflagen zur ersten Wundversorgung sowie zur Reinigung oberflächlicher Wunden verwendet.

Konzentrierte alkoholisch-wässrige Trockenextrakte in Kapsel-, Dragee- oder Tablettenform erwiesen sich in mehreren jüngeren klinischen Studien als signifikant wirksam bei der symptomatischen Behandlung von Reizblasenbeschwerden. Dazu ist eine Tagesdosis von 600 bis 900 Milligramm Extrakt aus der Echten Goldrute notwendig, die beispielsweise beim Trinken von üblichen Mengen an Goldrutentee nicht erreicht werden kann.

Zur Herstellung dieser apothekenpflichtigen Fertigarzneimittel ist es notwendig, auf einen Anbau der Echten Goldrute zurückzugreifen, da eine Wildsammlung den Bedarf niemals decken kann, ganz abgesehen davon, dass man das spärliche Vorkommen der Echten Goldrute der Natur überlassen sollte und aus Gründen des Artenschutzes nicht sammeln soll.