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Ein Leben im Brennpunkt - Peter Scholl-Latour liest in Kempten

Lesung

Ein Leben im Brennpunkt - Peter Scholl-Latour liest in Kempten

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    Ein Leben im Brennpunkt - Peter Scholl-Latour liest in Kempten
    Ein Leben im Brennpunkt - Peter Scholl-Latour liest in Kempten Foto: ZDF (obs)

    Es gibt Menschen, die erst aufhören zu arbeiten, wenn sie der Schlag trifft, wenn das Herz seinen Geist aufgibt. Menschen wie Peter Scholl-Latour. Zugegeben, eine drastische Formulierung ist das. Aber dieser Peter Scholl-Latour liebt provokante Ausdrücke, und deshalb könnte der erste Satz dieser Geschichte genau so von ihm geäußert sein. Peter Roman Scholl-Latour, geboren im Saarland, aufgewachsen in Lothringen und inzwischen 87 Jahre alt. Jene Position, die Marcel Reich-Ranicki in der Welt der Literatur einnimmt, besetzt Scholl-Latour, wenn es darum geht, Gesellschaft und Politik im Nahen Osten zu analysieren. Männer im gesetzten Alter, die nicht nur beobachten, sondern auch selbst inszenieren.

    'Die arabische Welt', sagt er, 'ist mein Thema.' Also hat sich der prominente Journalist und Publizist wieder mal hingesetzt und seine Kenntnisse zwischen zwei Buchdeckel fließen lassen. Das Ergebnis ('Arabiens Stunde der Wahrheit', Propylaen-Verlag, 384 Seiten, 24,99 Euro) stellt er am 15. November im Kornhaus in Kempten vor.

    Peter Scholl-Latour ist ein Getriebener, ein Nestflüchter, der seine ersten journalistischen Schritte in der Redaktion der Saarbrückener Zeitung machte, aber bald zur Erkenntnis kam: 'Mein Platz ist nicht am Schreibtisch, sondern draußen in der Welt.' Er wurde der Prototyp des Korrespondenten. Auch jetzt, mit 87 Jahren, packt er oft die Koffer. Von wegen Rentner sein und Rosen züchten im eigenen Garten. 'Nicht mit mir', hat er mal im Gespräch mit unserer Zeitung klargestellt, 'das können andere machen.' Er hingegen muss am Puls der Zeit sein oder zumindest Gast in Fernseh-Talk-Shows oder auf Bühnen bei eigenen Vorträgen.

    Der Nahost-Experte liebt die Auftritte und das Scheinwerferlicht, ebenso Interviews, die man mit ihm führt. Mit dem AZ-Reporter ist er vor einiger Zeit mit dem Auto von München ins Allgäu gefahren, und je näher das Ziel kam, desto wahrscheinlicher wurde es, dass Scholl-Latour gleich auf einen Umweg bestehen würde, um noch länger erzählen zu können. Über Libyen, Ägypten, den Iran, über die in seinen Augen 'brutale Politik' von George W. Bush oder Chinas Rolle.

    Bogen überspannt

    Na ja, und natürlich auch über sich selbst. Das macht auch Marcel Reich-Ranicki gerne. In den Augen mancher überspannt Scholl-Latour mitunter den Bogen. Jedenfalls handelte er sich dieses Jahr jede Menge an kritischen Bemerkungen ein, nachdem er Gesprächspartner war bei Reinhold Beckmanns Late Night Show.

    Als Partner entpuppte er sich nicht immer. Stattdessen monologisierte er minutenlang (mit oft schwer verständlicher nasaler Aussprache) und grätschte verbal dazwischen, wenn einer in der Runde es wagte, ihm in der Beurteilung der Nahost-Situation zu widersprechen.

    Der Mann spricht am liebsten Klartext, weshalb beim AZ-Interview Worte fielen wie 'haarsträubend' (zu Bushs Politik), 'ein völliger Scheiß' (UN-Sanktionen) oder 'Verbrecher' (manche Staatsoberhäupter). Kann gut sein, dass am Dienstag im Kemptener Kornhaus erneut deutliche Worte fallen.

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