Marktoberdorf | bs | Kunst und Kirche gehören für Erna Bittner zusammen. Deshalb hat die 55-jährige Marktoberdorferin vor einiger Zeit beschlossen, der Pfarrei St. Martin ein neues, aus fünf Messgewändern bestehendes Ornat zu stiften. Entworfen wurden die edlen Stücke vom ehemaligen Marktoberdorfer Kaplan Ralf Gührer.
Genau 270 Jahre nach ihrer ersten Weihe 1738 wird die Marktoberdorfer Stadtpfarrkirche St. Martin am 28. September nach der Generalsanierung wieder ihrer Bestimmung übergeben. Bis dahin will unsere Zeitung in einer mehrteiligen Serie Wissenswertes rund um das Gotteshaus berichten. Heute: das neue Ornat.
Gührer und Bittner kennen sich aus der Zeit, in der Gührer in Marktoberdorf wirkte. Und zwar nicht ausschließlich kirchlich, sondern auch künstlerisch. Und da Erna Bittner wie Gührer, der mittlerweile in Ursberg/Hessen tätig ist, sowohl einen Hang zur Kunst als auch zur Kirche hat, kamen die beiden für dieses Projekt zusammen.
Die erste Idee für die Spende kam Bittner, als sie im April dieses Jahres mit Stadtpfarrer Wolfgang Schilling bei der Übergabe des von Gührer entworfenen Ornats für den Dom in Augsburg weilte. Auf dem Rückweg nach Marktoberdorf habe sie mit Schilling das erste Mal darüber gesprochen. "Er war begeistert, meinte aber, dass die Pfarrgemeinde das nicht bezahlen könne", erzählt Bittner. Da habe sie sich dann gedacht, dass sie "auch mal etwas zurückgeben könne".
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Und so rief sie Gührer an und fragte, ob eine Fertigstellung des Ornats bis zur Einweihung von St. Martin nach der Generalsanierung möglich sei. Gührer hatte von der Fertigung des Ornats für Augsburg noch Seide übrig und willigte ein. "Die Sache kam ins Rollen und wir haben sie durchgezogen", freut sich Bittner.
Bei dem Stoff handelt es sich um hochwertige Seide, die in der weltberühmten italienischen Weberei "Bianchi" in Como verarbeitet wird. Die Firma beliefert beispielsweise auch das Weiße Haus mit Polsterstoffen und fertigt Seidenstoffe für den Moderiesen "Versace". Zusammengenäht wurden die edlen Messgewänder in Dillingen. Dort fertigen Gehörlose unter Anleitung von Klosterschwestern Kleider für kirchliche Anlässe. "Das ist eine fantastische Werkstatt, meiner Meinung nach die beste überhaupt", ist Ralf Gührer überzeugt.
Das Marktoberdorfer Ornat ist im Übrigen ein absolutes Unikat. Nur für St. Martin wurde das Innenfutter verändert: Es zeigt einen Umriss der Kirche und das Datum der Einweihung. "Das ist sehr individuell und eine besondere Raffinesse", sagt Gührer.
Von dem Werk ist Erna Bittner überwältigt: "Es ist einfach nur wunderschön", sagt sie ganz ergriffen. Sie sei auch stolz und habe ein sehr gutes Gefühl bei der Sache: "Das ist aufgrund der hohen Qualität ja auch keine Anschaffung für zehn oder 20 Jahre, sondern viel mehr." Auch Ralf Gührer "könnte nicht zufriedener sein". Es seien in jedem Bereich "absolute Höchstleistungen" erbracht worden.
Am gestrigen Sonntag wurde das Ornat in der Vormittagsmesse in St. Magnus geweiht, da es schon bei der Feier für St. Martin am kommenden Wochenende zu einem ersten Einsatz kommen soll.