Artikel: Ehrwürdiges Handwerk steht vor dem Aus

19. Dezember 2002 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Schuhmacher-Innung Allgäu löst sich auf - Noch neun Betriebe

Kempten/Memmingen/Kaufbeuren(az). - Eine letzten, aber einen schweren Gang mußte dieser Tage der Obermeister der Schuhmacher-Innung Allgäu, David Alcock, gehen. Seine Innung, die 2005 hundert Jahre alt geworden wäre, steht vor dem Aus. Nur noch neun Betriebe aus dem ganzen Allgäu gibt es derzeit im Schuhmacher Handwerk und fast alle werden wohl in den nächsten Jahren ihre Pforten schließen. Und deshalb wurde auf der letzten Sitzung in den Räumen der Kreishandwerkerschaft beschlossen, die Innung aufzulösen. 'Insbesondere die Billig-Schuh-Märkte haben uns deutlich zugesetzt', so der Obermeister der Innung. 'Wenn heute ein Paar Schuhe ab fünf Euro zu haben und nach zwei Monaten restlos abgelaufen sind, dann wirft man diese einfach weg. ,Strukturveränderungen' nennt man das wohl.' Und diese haben die Meister der Schuhmacherkunst mitten ins Handwerkerherz getroffen. Spätestens seit den Siebzigern geht man halt wirklich nicht mehr zum Schuhmacher um sich 'Schuhe machen zu lassen'. 'Nur wer heute über gesundheitliche Probleme klagt, der muss selbstverständlich zum Fachmann für Orthopädie und darauf haben sich ja Gott sei Dank vor allem die jüngeren Meister eingestellt', so Alcock weiter. Auf der Strecke bleibt der echte Schuhmacher, der sich viele Jahre von Reparaturen und manchmal auch noch vom Verkauf hochwertiger Schuhe ernähren konnte.

In Nischen überleben Trotzdem resümiert Alcock 'es ist ein vielseitiges Handwerk und auch heute kann man in Nischen zumindest überleben'. Aber damit ist es allein nicht getan. Ein Handwerk funktioniert laut Alcock eben nur dann, wenn ausgebildet wird, wenn Gesellen beschäftigt und kontinuierlich Nachwuchs in die Fußstapfen der Meister treten. Auch wenn die Innung nun nicht mehr existiert, bleibt man sich treu und will sich zumindest einmal im Jahr zu einem zwanglosen Meinungsaustausch treffen. Dabei sei auch wichtig, dass die Betriebe nun als Einzelmitglied dem Landesverband für das Schuhmacher-Handwerk beitreten. Rückblickend blieb dem Obermeister nur, dem kleinen aber regen Innungsvorstand zu danken.