Kaufbeuren - So manche Legende rankt sich um die Leningrad Cowboys und ihre Einhorn-Frisuren. Selbst behaupten sie ja, sie wurden schon mit den langen Haartollen geboren. Und weil jeder Cowboy eine andere Persönlichkeit besitzt, hätte auch jeder ein anderes Horn. Genauso verhielte es bei den ellenlangen Schuhen. Deren Größe läge irgendwo zwischen 57 und 76. So sind sie, die Spaß-Rocker aus Helsinki. Augen- und Ohrenzeugen eines bizarren Show-Spektakels mit den Leningrad Cowboys wurden rund 800 Fans in der fast ausverkauften Kaufbeurer Zeppelinhalle. Die Band 'Slamdunk' aus Kempten eröffnete den Abend mit schnellem Punk. Bunte Uniformen, dunkle Sonnenbrillen, Schuhe und Haare. Der erste Eindruck der finnischen Groß-Kapelle war also ein optischer. Zwei Cowgirls gab es auch. Deren Haare waren jedoch eher aufgetürmt. Die Füße der Damen sollen auch groß sein. Nur wurden sie in kleinere Schuhe gezwängt. Deswegen der leidende Ausdruck in ihren Gesichtern. 'They are not very clever', behauptete Sänger Tipe Johnson. Deshalb kamen sie auch über die Rolle der Go-Go-Girls nicht hinaus. So nahmen die acht Einhörner das Ruder in die Hand und parodierten wild drauflos sämtliche Klischees in Show- und Rockbusiness.
Bei seiner Suche nach über 14-jährigen Mädchen diente dem südländischen Gigolo ein Gummihuhn als Mikrofon. Elvis Presley lag sturzbetrunken in einer Bierlache und sang schmachtend 'Suspicious Minds'. Rudolf Schenk steppte ungelenk den Riverdance. Im Zeitlupentempo bewegten sich die Gitarristen zum blitzschnellen, brettharten Solo von 'Highway Star'. 'Ernsthafter Rock\'n\'Roll' wäre das, so Tipe. Dabei wären die Leningrad Cowboys doch die 'schlechteste Rockband der Welt'. Mit eigenen Stücken sparten die Cowboys in Kaufbeuren, dafür gab es umso mehr Covertitel zu hören. 'Let me stand next to your Fire' von Jimi Hendrix hatte ebenso Platz wie ZZ-Top oder die Wildecker Herzbuben. Russische Volksweisen mischten sich mit Reagge und Ska-Klängen. Punk und Polka gesellten sich zu alten Rock-Klassikern. Bei Led Zeppelin ersetzten Bläsersätze die Gitarren. Oder das markante Riff aus Deep Purples 'Black Night' fügte sich passgenau in den Gesangslinien von Tom Jones. Ganz oben jedoch stand das Motto des Beastie-Boys-Titels 'Fight for your Right to Party'. Die Arbeitsanweisungen an das Publikum lauteten: 'Make Noise, bitte', 'All Hands in the Air' oder 'Start singing'. Da ließen sich die Fans nicht lange betteln. Die Zeppelinhalle verwandelte sich in einen wahren Hexenkessel, und bei 'Those were the Days' vereinte sich das Publikum zu einen gewaltigen Chor. Mit 'Thank you very many' bedankte sich Tipe immer wieder mit seinem harten Akzent. Am Ende der Show saßen die spitzen Frisuren noch genauso perfekt wie zu Beginn. Das letzte Einhorn ist also noch nicht gestorben. Es soll sogar mindestens acht davon geben. Christian Gögler