Hirscheggl ös/apü l "Die Kirche tut gut daran, Jesus als Maß zu nehmen!" So sieht Pater Nathanel Wirth die Vorgaben für die Kirche der Zukunft, in der sich "der Mensch wohlfühlt". Der weit über die Grenzen Vorarlbergs hinaus bekannte Probst des Klosters St. Gerold im Großen Walsertal warf bei einem Referat anlässlich des 500. Geburtstags der Pfarre Riezlern einen geschichtlichen Rückblick auf das Bild der Kirche und darauf, wie sie heut und künftig sein sollte.
Es war wahrlich keine leichte Kost, die der gebürtige Schweizer Benediktinerpater im Walserhaus bot. Kritische Worte fand Wirth, der als Seelsorger und Unternehmer in jahrzehntelanger Aufbauarbeit die einst verwahrloste Propstei St. Gerold zu einem Zentrum der Begegnung, der Kunst und Kultur gemacht hat, für das "theologische System der Kirche". In diesem, so der Pater, "ist für den Menschen kein Platz". Nicht Gebote und Verbote seien die Kräfte für ein erfolgreiches "Unternehmen Kirche". So wie Jesus müsse auch die Kirche "den Menschen gern haben" und ihm die Gelegenheit geben, "sein Leben leben zu können". Genau das vermisste der Ordensmann im historischen Rückblick und verwies etwa auf Auswüchse der Machtausübung von Bischöfen und Kardinälen, die aufgepäppelt mit kostbarer Garderobe und von Dienern getragenen meterlangen Schleppen "wie ein Pfau" die vor ihnen knienden Menschen segneten.
Dieses Bild der Macht über alles ausübenden Kirche gehe nicht konform mit dem was Jesus predigte. Denn er, so Wirth, "kam nicht, um zu herrschen und Macht auszuüben". So blickte der Pater dann auch auf "viele gemaßregelte Kirchenleute", deren Andersdenken und deren "Persönlichkeiten in die Schranken gewiesen" wurden und auch heute noch werden. Das Problem ortet Pater Nathanel Wirth im fehlenden Willen, die "Mystik" eines jeden zu erkennen und schlussendlich auch zu akzeptieren. In jedem Menschen stecke "ein Funke göttlicher Liebe" und "alles, was geschaffen ist" habe die Aufgabe "das Göttliche zu zeigen und zu leben". Zutiefst im Inneren und ohne jegliche äußere Zwänge "mit dem verbunden sein, der uns geschaffen hat", darin finde sich die Mystik eines jeden Menschen, "der Gott zu erfahren versucht". Nur eine "mystische Kirche" mit der "ich leben will und die mich leben lässt" könne in der Zukunft bestehen.
Krönender Höhepunkt der Festlichkeiten zum 500-jährigen Jubiläum der Pfarre Riezlern war der feierliche Festgottesdienst am Sonntag unter Mitwirkung des Kirchenchors und der Sopranistin Ulrike Riezler. In seiner Jubiläumspredigt skizzierte der aus dem Kleinwalsertal stammende Pfarrer Jodok Müller den langen Weg der in Riezlern lebenden frommen Katholiken zur eigenen Pfarrkirche.