Allgäu: Bisheriger Kälterekord: minus 17 Grad

16. Januar 2009 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
matthias becker

Klima - "Wetterfrosch" Martin Aichele weiß anhand seiner Daten: Der Winter 2008/09 ist nicht ungewöhnlich kalt

Oberstaufen-Vorderreute/Oberallgäu Jeden Morgen geht Martin Aichele nach dem Aufstehen erst einmal zu seiner Wetterstation. Dort überprüft er, welche Daten die Geräte für den Vortag (eine Messung geht von Mitternacht bis Mitternacht und wird am nächsten Tag erfasst) aufgezeichnet haben und trägt diese fein säuberlich in sein Notizbuch ein. Vergangene Woche konnte er einen kleinen Rekord vermelden: Mit minus 17 Grad hat der Rentner am Donnerstag an seiner Wetterstation in Vorderreute bei Oberstaufen den bisher niedrigsten Tiefstwert für diesen Winter gemessen.

Auch wenn alle Welt unter den Minustemperaturen stöhnt und die vermeintliche Eiseskälte verflucht - zumindest auf dem Papier ist es eigentlich gar nicht so schlimm. "Für das Allgäu sind die bisherigen Werte nicht extrem. Minus 15, 17 Grad und strahlend blauer Himmel - das hat es immer gegeben", sagt Aichele, der hobbymäßig seit 1990 Wetterdaten sammelt, auswertet, archiviert und auch der Heimatzeitung zur Verfügung stellt. Richtig kalt ist es in diesem Winter demnach seit dem 24. November. Damals hat er die ersten richtigen Minusgrade registrieren können (siehe Grafik).

Wenn Martin Aichele in seinen Aufzeichnungen blättert, dann ist er in seinem Element. Er hat unzählige Tabellen, Kurven und Diagramme erstellt, Spalten mit Temperaturangaben, Tiefstwerten, Höchsttemperaturen. Und zwar alles per Hand. Deshalb ist es für ihn ein Leichtes, in seinem Buch nach kalten Monaten zu blättern. Beispielsweise Februar 1956. "Das weiß ich noch aus meiner Kindheit. Der Januar war extrem warm, doch dann ist die Temperatur ein paar Tage lang auf minus 25 Grad gesunken. Zahlreiche Bäume sind erfroren, auch im Bodenseegebiet", erinnert sich Aichele. Für diese "brutale Kälte" sei der strenge Ostwind ursächlich gewesen.

Oder aber der Winter 1962/63, als sogar der Bodensee zugefroren war. Mindestens minus 15 Grad habe es konstant von Dezember bis Ende Januar gegeben, erinnert sich Aichele. Noch kälter war es gar 24 Jahre später. Im Januar 1987 hatte es erst heftig geschneit, ehe das Thermometer auf minus 25 Grad gesunken sei. Und selbst Anfang März habe er noch minus 15 Grad gemessen. "Das war ungewöhnlich. Auch damals sind viele Bäume erfroren", berichtet der "Wetterfrosch".

Selbst in jüngster Vergangenheit findet sich Bemerkenswertes. Erneut die fast schon "traditionellen" minus 25 Grad gab es Ende Januar 2005. Von der vermeintlichen Klimaerwärmung spüre er zumindest anhand seiner Daten nichts, beteuert Aichele. Das belegt er natürlich durch eine seiner Kurven: Die durchschnittlich gemessene Jahrestiefsttemperatur ist zuletzt gesunken.

Waren es 2000 noch fast fünf Grad, so ist dieser Wert über knapp drei Grad (2003) bis auf 1,2 (2006), 1,9 (2007) und 1,7 (2008) gesunken. Der Winter 2005/06 ist mit durchschnittlich minus 9,5 Grad der kälteste in seinen Aufzeichnungen.

Es wird also kälter. Von Wettervorhersagen hält Aichele eigentlich nichts. "Bauernregeln sagen mehr aus, auch wenn die selbst nur zu 70 Prozent stimmen", betont er. Doch anhand seiner Erfahrung könne er sagen, dass das Jahr 2009 "eher wieder kälter und nässer" wird.