Kempten | be: Bei gleichem Preis müssen Kassen mit Service punkten

23. Dezember 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung
martina diemand

Gesprächsrunde - Experten diskutieren über neuen Gesundheitsfonds

Was bringt der Gesundheitsfonds? Unter diesem Thema stand gestern der Start einer neuen Reihe, die Dr. Gerd Müller, Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, einläutete. Unter dem Motto "Montags bei Müller" sollen aktuelle Themen mit Experten diskutiert und eine "Brücke zur Praxis" gebaut werden. So diskutierten über den Gesundheitsfonds Klinik-Geschäftsführer Michael Schuler, AOK-Direktor Günther Erdtl, Apothekersprecher Ludwig Pfefferle und Dr. Rudolf Kappes, Sprecher der Kinder- und Jugendärzte Bayerisch-Schwaben.

Der Beginn einer neuen Ära im Gesundheitswesen ist für CSU-Politiker Müller der Gesundheitsfonds ab 1. Januar. Mit einem gleichen Beitrag aller gesetzlich Versicherten wolle die Politik die Kassen, die künftig mehr im Wettbewerb stehen, transparenter machen. Der Versicherte könne besser prüfen, was eine Kasse biete und schneller wechseln - beispielsweise dann, wenn Zusatzbeiträge erhoben werden. Die, so AOK-Chef Erdtl, würde die AOK Bayern nicht erheben. Doch Service und Beratung würden künftig noch mehr ins Gewicht fallen, denn der Preis sei ja überall gleich.

Für jeden Versicherten bekäme die Krankenkasse 185 Euro, durchaus positiv sei, dass Kassen, die mehr Kunden mit höheren Risikogruppen (zum Beispiel Rentner) haben, auch mehr Geld aus dem Fonds bekämen: "Die Krankheitshäufigkeit wird ausgeglichen".

Und was ändert sich für die Ärzte? Wichtig, betonte Müller, sei die flächendeckende Hausarztversorgung. Kempten und der Landkreis Oberallgäu seien gut aufgestellt, insgesamt in Bayern habe man 265 Millionen Euro mehr für Ärzte bewilligt. Doch welcher Arzt wie viel pro Patient bekomme, regle die Kassenärztliche Vereinigung (KV). Sie lege die Pauschale (durchschnittlich 42 Euro pro Patient und Quartal für den Hausarzt, 36 Euro für den Kinderarzt) fest. Ein Vergütungssystem, das nach Ansicht von Dr. Kappes verbesserungswürdig sei.

So müssten Kinderärzte den Hausärzten gleich gestellt werden, ansonsten seien sie in ihrer Existenz bedroht. Ein Basistopf für die Vergütung sei da, doch die Sorge, dass Spezialleistungen auf der Strecke blieben, sei groß - und die Verteilung der Fallpauschalen ein Streitpunkt. Unklar sei, wo die erhöhten finanziellen Mittel landen, die von den Kassen an die KV ausbezahlt würden.

Wie sieht es bei den Kliniken, den größten Arbeitgebern im Allgäu aus? Da, so der Geschäftsführer Klinikum Kempten-Oberallgäu, dürfe man beim Blick auf das Defizit nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Die Kemptener beispielsweise würden sich als Schwerpunktkrankenhaus an ihren Versorgungsauftrag halten. Das bedeute, dass nicht nur jene Abteilungen gehalten werden, die Geld bringen (Orthopädie/Kardiologie), sondern auch andere.

Schuler: "Wir werden unser Leistungsspektrum nicht nach monetären Gesichtspunkten ausleuchten".

Und die Apotheker? Die, so Sprecher Pfefferle, müssten so wirtschaften, dass sie auf einen Durchschnittsverdienst von 85000 Euro bei fünf Mitarbeiten kämen. Dabei seien die Preise durch Industrie und generelle Aufschläge vorgegeben.