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Aus Sicherheitsgründen räumt Mesnerin abends die Kerzen weg

Filialkirche

Aus Sicherheitsgründen räumt Mesnerin abends die Kerzen weg

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    Aus Sicherheitsgründen räumt Mesnerin abends die Kerzen weg
    Aus Sicherheitsgründen räumt Mesnerin abends die Kerzen weg Foto: mayr

    Oft stehen sie einsam am Wegesrand, sind meist verschlossen und öffnen sich nur selten bei sakralen Anlässen: Die Rede ist von kleinen Haus- oder Gemeindekapellen. Dabei beherbergen sie zuweilen künstlerische Kostbarkeiten und um ihre Entstehung ranken sich interessante Geschichten. In einer Serie stellen wir verschiedene Kapellen vor.

    Wiggensbach-Ermengerst Trutzig, ja beinahe majestätisch thront die Filialkirche St. Johannes der Täufer auf einer Anhöhe über der Straße in Ermengerst. Das Gotteshaus wurde bereits um 1360 erwähnt - damals als Kapelle. Im späten 15. Jahrhundert soll der heutige Bau, der vom Kemptener Fürstabt Rupert von Bodmann zwischen 1680 und 1690 verlängert wurde, entstanden sein.

    Schon immer haben die Ermengerster zu ihrer Kirche gehalten - ganz besonders im Jahre 1805: Da erwarben die Bauern das Gotteshaus für 500 Gulden vom bayerischen Staat, sonst wäre es im Zuge der Säkularisation abgebrochen worden. Und 2004/2005 trug die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung zur jüngsten Sanierung bei.

    Zur Weihnachtszeit fällt der gemeindliche Adventskranz am Aufgang zur Kirche ins Auge. Drinnen ist auch einer, nur noch größer und mit vier großen, roten Kerzen geschmückt. Allerdings werden diese nach den Gottesdiensten wieder abgenommen und verwahrt. Kirchenpfleger Werner Heine erzählt, warum das so ist: "Heuer im Frühsommer und auch im November war jemand in der Kirche, zündete alle Kerzen an und verschwand ohne Auslöschen wieder." Schon aus Sicherheitsgründen räumt nun die 80-jährige, noch sehr fitte Mesnerin Emilie Bengl die Kerzen regelmäßig weg. Seit 15 Jahren kümmert sie sich liebevoll um die Filialkirche, reinigt oft gleich nach dem Gottesdienst die vorher besetzten Bankreihen.

    Kirchturmuhr aus Kempten

    Auch der seit 22 Jahre tätige Kirchenpfleger Heine wird häufig im Gotteshaus gesehen. Der frühere Maschinenbau-Konstrukteur hat schon einiges bewegt: Das einst tägliche Aufziehen der alten Kirchenturmuhr, die vor rund 120 Jahren vom Kemptener Rathaus erworben wurde, hat Heine automatisiert. Und dieses gelang ihm auch bei der Kirchentüre, deren Öffnungszeiten über eine Schaltuhr gesteuert werden können. Allerdings kommen zufällig Eingesperrte problemlos wieder ins Freie. "Denn wir können ja nicht jedes Mal nachgucken, ob noch Betende im Hause sind", sagt Heine.

    "Für zwielichtige Gestalten wäre natürlich der Einschluss besser", schmunzelt der Kirchenpfleger. Denn wegen solcher Leute musste er schon mehrfach den Zylinder beschädigter Schlösser auswechseln. Immerhin trotzte der Opferstock bisher allen Öffnungsversuchen. Ein Unbekannter sei sogar den engen Gang zum Glockenturm hinaufgestiegen. Er habe sich dabei wohl den Kopf heftig angeschlagen. Wofür die vorgefundene Blutlache auf der Treppe spreche, so Heine. Mysteriös sind für ihn auch die Einschusslöcher im Mauerwerk, in Fenstern und im Ziffernblatt der Turmuhr. Die Spuren des Rowdytums sind natürlich längst beseitigt, legt Heine doch Wert auf ein schmuckes Gotteshaus. Zumal dieses im Sommer Ziel vieler Jakobs-Weg-Wanderer sei: In Ermengerst vereinen sich die aus München und Augsburg kommenden Routen. (mr)

    Auf einer kleinen Anhöhe mitten im Dorf liegt die Ermengerster Kirche. Fotos: Mayr

    Kirchenpfleger Werner Heine und Mesnerin Emilie Bengl kümmern sich darum, dass im Ermengerster Gotteshaus alles in Ordnung ist.

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