Die Geburt wäre fast sein Todestag geworden Von Stefanie Heckel Kempten Als Andreas geboren wurde, bangte seine Mutter einen Monat lang um sein Leben. Wochenlang lag das Neugeborene mit zahllosen Schläuchen im Körper im Koma. Heute ist Andreas fünf Jahre alt. Er kann nicht sprechen, nicht alleine sitzen und nicht einmal essen. Rund um die Uhr muss der schwerbehinderte Fünfjährige betreut werden. Dabei könnte eine Delfintherapie dem Kind vielleicht helfen. Jedoch: Eine Delfintherapie ist teuer - viel zu teuer für Andreas 25-jährige Mutter, die vor zwei Jahren mit ihrem Sohn aus Russland nach Kempten kam.
Das Schicksal der beiden ist jedoch nicht unbemerkt geblieben. Die Sprachenschule 'Lingua Viva', in der Marina Deutsch lernt, ist auf sie aufmerksam geworden und möchte nun Spenden sammeln, um den Kind die etwa 6000 bis 8000 Euro teure Therapie in der Türkei oder der Ukraine zu ermöglichen. Bei dieser Therapieform geht es um eine Verbesserung von Verhalten und Gesundheit durch den direkten Kontakt zu Tieren.
Dabei hätte Marina etwa fünf Jahre zuvor nie geahnt, mit welchen Schwierigkeiten sie und ihr Sohn einmal zu kämpfen haben würden. Schließlich, so erzählt sie, sei die Schwangschaft völlig normal verlaufen. 'Ich bin immer regelmäßig zum Arzt gegangen und es war alles in Ordnung.' Dann allerdings kam es bei der Geburt in einer russischen Klinik zu einem folgenschweren Zwischenfall. 'Man hätte wohl einen Kaiserschnitt machen müssen, doch die Ärzte sagten, ich sei jung und müsse das Kind von selbst gebären', erinnert sich die Mutter von Andreas.
'Sie drückten auf meinen Bauch und als der Kleine dann zur Welt kam, war die Nabelschnur um seinen Hals gewickelt.' Als Andreas das Licht der Welt erblickte, so sagt seine Mutter, war er mehr tot als lebendig. Doch Andreas wurde gerettet. In der Gegend, aus der das schwer behinderte Kind und seine Mutter stammen, gab es für die beiden praktisch keine Unterstützung. Die Heimat von Marina und ihrem Sohn liegt in Westsibirien, genauer gesagt in der Stadt Nischnewartowsk. Eine Region, in der die Temperaturen im Winter durchaus bis auf minus 55 Grad absinken können.
2005 kam die junge Frau nach Deutschland, gemeinsam mit ihrem Sohn und ihrer Mutter wohnt sie seither in einer Wohnung in der Leutkircher Straße. Trotz allen Mühen, die der Alltag für die drei bereithält, ist die junge blonde Frau doch glücklich über viele helfende Hände. 'Die Ärzte sind sehr nett und auch der Caritas bin ich sehr dankbar für die Unterstützung', sagt sie.
Marina liebt ihr Kind, auch wenn 'am Anfang alles sehr schwierig war - aber inzwischen kann ich wenigstens an seinen Gesten erkennen, was er meint'. Um arbeiten zu können, lernt Marina eifrig Deutsch und absolviert außerdem ein Praktikum. Ihre Mutter kümmert sich in dieser Zeit um den kleinen Andreas, der zudem in der Tom-Mutters-Schule betreut wird. Ernährt wird der Bub über eine Magensonde, wenn er Hunger oder Durst hat, macht er sich über Laute bemerkbar. 'Außerdem mag er Musik', erzählt seine Mutter und ihr Gesichtsausdruck wird ganz weich. 'Am liebsten mag er Klassik oder russische Musik. Wenn ich ihm das vorspiele, ist er ganz aufgeregt.'
Vielleicht, so meinen die Sprachlehrer von Marina und auch ihr Kinderarzt, könnte eine Delfintherapie dem Kind helfen.
Doch eine Delfintherapie kann sich Marina nicht leisten. Die Schule hat daher ein Spendenkonto eingerichtet und versucht, auf diese Weise das nötige Geld zusammenzubekommen. Und dann, so hofft die junge Mutter, muss sie möglicherweise irgendwann nicht mehr die Laute ihres Sohnes deuten, vielleicht lernt er sogar das Sprechen.
iDie Schule 'Lingua Viva' sammelt Spenden für Andreas. Das Konto mit dem Namen 'Andreas' ist bei der Sparkasse Allgäu eingerichtet, Kontonummer 6 10 88 56 75, Bankleitzahl 733 500 00. Spendenquittungen werden nicht ausgestellt.