Marktoberdorf/Ostallgäu(vit). - Er gilt als Architekt des Ostallgäus. Und wohl in jedem Dorf im Landkreis findet sich irgendetwas, das mit dem Namen Adolf Müller verknüpft ist. Mit 37 Jahren wurde er 1972 zum Landrat des neu gebildeten Ostallgäus gewählt. 2002 hörte er mit 67 Jahren auf. Gestern feierte der Jurist und hoch geachtete Kommunalpolitiker seinen 70. Geburtstag. Ohne großes Brimborium. Denn darauf hat er noch nie viel Wert gelegt. In Oberrieden (Unterallgäu) kam Adolf Müller am 4. September 1935 zur Welt. 1956 machte er Abitur am Maristenkolleg in Mindelheim. Nach dem Jurastudium in München und der Referendarzeit kam er 1966 ans Landratsamt Marktoberdorf. Als 1972 die drei Landkreise Füssen, Kaufbeuren und Marktoberdorf zum Ostallgäu verschmolzen, war Müller Oberregierungsrat, hatte die neue Konstruktion mitgestaltet und wurde zum ersten Landrat gewählt. In dieser Position wurde er fünfmal mit klarer Mehrheit bestätigt. Zitat Nach 30 Jahren Amtszeit als Landrat seit der Land-kreisreform steht Alt-Landrat Adolf Müller für das Ostallgäu wie kein anderer. Zusammen-führung und Weiterent-wicklung unterschiedlicher Landkreisteile hat er durch Einfühlungsvermögen, Erfahrung, Geschick und Kompetenz vorangetrieben. Auch durch seine maßgeb-liche Arbeit haben wir heute ein zukunftsorientiertes und lebenswertes Ostallgäu } Landrat Johann Fleschhut Als Landrat war Müller nicht nur Chef einner großen Behörde mit etwa 350 Mitarbeitern, in seinen Verantwortungsbereich fielen auch zehn Schulen, vier Kreiskliniken und (zur Hälfte) das Zweckverbandsklinikum Kaufbeuren-Ostallgäu sowie drei kreiseigene Altenheime. Der Landkreis bewirtschaftete einen Haushalt von 107 Millionen (2002) Euro. Spricht man mit Müller heute über seine Amtzszeit, hört man immer wieder faktenreiche Kurzreferate. Etwa über die Pflegeheimstruktur, die er auch als Kreisvorsitzender des Roten Kreuzes prägte. Oder die Abfallwirtschaft: Zur Stilllegung der Müllverbrennungsanlage in Marktoberdorf habe man sich Verbrennungskapazitäten in Augsburg gesichert und so mit die Grundlage für niedrige Abfallgebühren gelegt. Strippenzieher war er auch beim Kauf des einst kirchlichen Krankenhauses St. Josef in Buchloe. Manchmal, so weiß Müller, sei ihm nachgesagt worden, er sei 'bauwütig'. Doch im Stillen habe er sich viel um Soziales und Kulturelles gekümmert. Überhaupt habe er gerne im Stillen gewirkt. Dadurch konnte ihn keiner schelten, dass er sich für das eine zu stark, für das andere zu wenig einsetze. Wenngleich CSU-Mitglied, sah Müller sein Amt überparteilich. Denn Schwarze, Rote und Grüne bräuchten Schulen, Straßen und Krankenhäuser. 'Ich bin zufrieden', blickt er zurück - auch wenn ihmnicht immer alles durchgegangen sei. Der Satz gehe ihm - je nach Gemütslage - mal höher, mal tiefer über die Lippen, ergänzt er. Derzeit schwinge kein tiefer Ton mit. Er sei mit 70 bei guter Gesundheit und in guter geistiger Verfassung.
Schafkopf und Schnupftabak Als er 2002 die Verantwortung für den Landkreis an Johann Fleschhut (FW) übergab, hätten ihm viele geraten, sich Hobbys zu suchen. Denn mit wenig Privatleben saß Müller jahrzehntelang schon oft 30 Minuten nach dem Aufsstehen am Schreibtisch. Als er sich nach der Pensionierung mit dem Computer befasste, habe er gemerkt, dass er doch eher den Geisteswissenschaften zuneige. Der Italienischkurs ist seither eine feste Größe. Doch dieser kommt erst an dritter Stelle. Auf Platz eins steht der sonntägliche Kirchgang, den zweiten Rang nimmt die CSU als politische Heimat ein. Und dann gibt es noch das Schafkopfen: Das Spiel mit Ober und Unter pflegt er ähnlich leidenschaftlich wie das Schnupfen. Auf den Tabak in der Nase verzichtet er nur in der Kirche, im Schlafzimmer sowie in der Oper. In dieser Reihenfolge. Privat blieb dem Müller die Wanderslust. Mit Frau Inge durchstreift er nicht nur den Sulzschneider Forst und den Kemptener Wald, sondern auch die Berge des Allgäus und Südtirols. Zeit nimmt er sich nun auch für die Familie: Seine drei Töchter bescherten ihm bisher vier Enkel. Und immer wieder passt er auf die Kleinen auf. Und die Kommunalpolitik? Er sei nach wie vor ein sehr interessierter Beobachter, doch einmischen wolle er sich nicht mehr. Ins Amt komme er 'so gut wie nie'. Kontakt aber halte er zu früheren Weggefährten: Wenn ihn nicht der Italienischkurs hindere, besuche er einen Stammtisch ehemaliger Kommunalpolitiker in Marktoberdorf, um beispielsweise mit dem früheren SPD-Bürgermeister der Kreisstadt, Wolfgang Weinmüller, über die Politik im Großen wie im Kleinen zu debattieren.