Wertachtalwerkstätten Einrichtung für seelisch Kranke feiert in Marktoberdorf mit Festakt zehnjähriges Bestehen">

Artikel: Am Arbeitsleben teilhaben

25. Oktober 2008 00:00 Uhr von Allgäuer Zeitung

Wertachtalwerkstätten Einrichtung für seelisch Kranke feiert in Marktoberdorf mit Festakt zehnjähriges Bestehen

Marktoberdorf | sg | Sie falten und verpacken Prospekte, montieren kleine Metallteile auf Kühlelemente oder waschen und bügeln Wäsche. Die Aufgaben für die 50 Beschäftigten der Wertachtalwerkstätten in Marktoberdorf sind vielfältig. Menschen mit seelischen Krankheiten finden hier unter dem Dach der Lebenshilfe Ostallgäu-Kaufbeuren-Marktoberdorf seit zehn Jahren Arbeit. Dieses runde Jubiläum wurde gestern mit einem Festakt begangen. Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und der Lebenshilfe waren mit dabei.

Sinn stiften, Beziehungen ermöglichen, die Gesundheit schützen und Lebensqualität sichern - so beschrieb Geschäftsführer Volker Holata das Ziel dieser Einrichtung. Sie ermögliche psychisch behinderten Menschen ein Stück Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Allen, die dazu beitragen, gebühre der Dank.

Aufgabe des Bezirkes sei es, solche Hilfen zu geben und das Netz weiterhin zu erhalten und auszubauen, sagte Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert in seiner Ansprache. Es gelte, das Geschaffene zu verteidigen und fortzuentwickeln angesichts eine steigender Zahl an psychischen Erkrankungen.

Denn die Teilhabe am Arbeitsleben habe gerade auch bei chronisch psychisch kranken Menschen für ihr Selbstwertgefühl und ihre Stabilisierung eine elementare Bedeutung. Für das Gelingen bedürfe es des Geldes, der Wirtschaft und der Mitarbeit der Behörden, aber auch des weiteren Ehrenamtes. "Machen wir uns gemeinsam auf den Weg. Ich stehe an Ihrer Seite", sagte er der Lebenshilfe zu.

Bedarf steigt

Dr. Ulrich Mühlen vom Psychologischen Fachdienst warf einen Blick in die Entstehungsgeschichte. Marktoberdorf entstand als 1998 als Schwesterwerkstatt der seit 25 Jahren bestehenden Werkstatt für Menschen mit psychischen Krankheiten in Kaufbeuren-Neugablonz aus der Erkenntnis, dass es zu wenig Arbeitsmöglichkeiten für diesen Personenkreis gab. Der Bedarf sei steigend.

Gegenüber anderen Krankheiten zeigten psychische Erkrankungen die größten Zuwächse. Aus anfangs 66 wurden aktuell 300 geschützte Arbeitsplätze in der Neugablonzer Werkstätte, in Marktoberdorf stieg ihre Anzahl in den zehn Jahren von 13 auf 50.

Die Werkstätten, so Mühlen weiter, seien für die Beschäftigten auch Lebensort, Orte der Beheimatung, der entwicklung und des Heilwerdens. Auch deswegen sei es wichtig, die Werkstätten bei einem weiteren Ausbau der Plätze überschaubar zu halten.

Die Bedeutung dieses Angebotes unterstrich auch Walter Schilhansl als stellvertretender Bürgermeister von Marktoberdorf, der an das Goethe-Zitat "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein" erinnerte. Vor zehn Jahren hätten es die Mitarbeiter in die Festschrift geschrieben.

Und bis heute gelte dies für diese Lebensgemeinschaft. In einem weiteren Grußwort stellte der stellvertretende Landrat Alexander Müller fest, dass diese Arbeit für Behinderte nur möglich sei, wenn auch die Firmen als Auftraggeber für die Werkstätten diese Bedeutung erkennen. Ziel sei zu helfen, dass die Betroffenen so weit wie nur möglich selbstbestimmt leben könnten.

Alle Redner sprachen ihren Dank an die Mitarbeiter aus und an jene, die die Einrichtung ermöglichten und unterstützten. Das Duo Jocham aus Thalhofen sowie eine hauseigene Trommler- und Tanzgruppe gestalteten den Festakt mit.

Bei einem Tag der offenen Tür kann die Wertachtalwerkstätte in Marktoberdorf (Johann-Georg-Fendt-Straße 24d und Dieselstraße 7) heute, Samstag, von 10 bis 16 Uhr besichtigt werden. Die Beschäftigten der Werkstatt präsentieren ihre Arbeite und stellen sich Fragen der Gäste.