Artikel: Am Anfang reichten drei Tonarten

29. Dezember 2002 20:30 Uhr von Allgäuer Zeitung

Der Gestratzer Musiker und Sänger Ernst Müller seit 50 Jahren beim Silvesterblasen Gestratz (kr). 'Ohne Musik und Gesang wäre mein Leben um vieles ärmer'. Der Gestratzer Musiker und Sänger Ernst Müller kann auf eine 50-jährige Musikertätigkeit zurückblicken. 50 Mal war er beim traditionellen Silvesterblasen dabei und hat unzählige Kilometer zusammen mit der Musikgruppe bei den Besuchen der Gestratzer Filialen und Weiler zurückgelegt. Auch heuer ist er mit 'seinen' Musikkameraden wieder unterwegs.

Für seine langjährige vorbildliche Tätigkeit im musikalischen Bereich wurde er schon mit dem diamantenen ASM-Ehrenzeichen und dem goldenen Ehrenbrief des Deutschen Blasmusikverbandes ausgezeichnet. 'Am Anfang stand das Singen', erzählt er. Obwohl seine Eltern nicht musikalisch waren, sei ihm der Gesang in die Wiege gelegt worden. Nichts habe sein Leben mehr geprägt. 'Neben der Gesundheit betrachte ich das Musische als das größte Geschenk Gottes', meint Ernst Müller. Wenn er an die Schulzeit denkt, fallen ihm drei Namen ein. Melanie Fink, Max Kiebele und Martin Asam. Von Melanie Fink habe er in der Schule die ersten Notenkenntnisse erhalten, später habe sie 40 Jahre als Organistin ihn und den Gestratzer Kirchenchor begleitet. Max Kiebele und Martin Asam waren Lehrer; bei denen sei kein Tag vergangen an dem nicht gesungen wurde. 'Die schönen alten Volkslieder aber auch viele Kirchenlieder sind mir noch in angenehmer Erinnerung.' In der achten Klasse lernt Ernst Müller Gitarre. Doch gleich nach der Schulzeit zieht es ihn zur Blasmusik. Zunächst ist das Flügelhorn für viele Jahre sein Begleiter. Bei seinem Onkel Eduard Schneider, dem damaligen Dirigenten der Gestratzer Musikkapelle, bekommt er Unterricht. Natürlich nicht zu vergleichen mit den heutigen Musikschulen. 'Drei Tonarten genügten für den Anfang', so Müller. In guter Erinnerung hat er noch die Probe vor seinem ersten Silvesterblasen. Neben einigen bekannten Märschen bekam er ein ihm unbekanntes Marschheft. Auf seinen Einwand, dass er die Stücke ja gar nicht kenne, bekam er zur Antwort: 'Bis des Silvesterblasen rum isch kascht es au.' Und so war es auch. Er erinnert sich an viele heitere Episoden. Das reicht vom vergessenen Instrument bis zum unfreiwilligen Aufenthalt wegen fehlender Ausweispapiere an der Grenze. 'Ich könnte darüber ein Buch schreiben', schmunzelt der Gestratzer. 1965 wurde er zum Dirigenten gewählt und blieb es bis 1992; er übergab seinem Sohn Franz den Dirigentenstab, wirkte aber weiter in der Kapelle mit. 1970 führte Ernst Müller eine neue Epoche in der Gestratzer Blasmusik ein. Er verband Musik und Gesang. 'Die Egerländer Musikanten mit Ernst Mosch waren das große Vorbild für mich.' Von 1976 bis 1984 bildete Ernst Müller in 14 Gemeinden Jungbläser aus. Doch auch im Gesang war er sehr aktiv. Mit 16 Jahren ging er zum Kirchenchor und mit 19 Jahren wurde er zum Chorleiter bestimmt. Dieses Amt führt Müller heute noch aus. 1986 wurde er auch der Leiter der Gestratzer Alphornbläser, ein Instrument, das er selbst beherrscht. Auch dem Mundharmonikaspiel frönt er. Das Musikalische hat Müller offensichtlich vererbt. Alle drei Söhne und die Tochter sind musikalisch tätig. Auch seine Ehefrau Betty, die mit im Kirchenchor singt. 'Ernst Müller hat die Gemeinde Gestratz musikalisch geprägt', sagte Bürgermeister Johannes Buhmann beim diesjährigen Jahreskonzert wobei Müller hohe Ehrungen entgegennehmen konnte. 'Unser Ernst ist bei den Proben immer der Erste und meist der Letzte, der heimgeht', schmunzelte Vorsitzender Arthur Prinz.