Aktuell arbeiten in Kempten 19 Prozent aller Vollzeit-Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Das sind rund 4.200 Menschen, die trotz voller Stundenzahl ein Einkommen unterhalb der Niedriglohnschwelle von derzeit 2.350 Euro brutto im Monat (Wert für Westdeutschland) verdienen. Das teilt die IG Bau mit und beruft sich auf Zahlen, die die Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Fraktion im Bundestag veröffentlichte.
"Es droht eine immer tiefere Spaltung des Arbeitsmarktes"
Michael Jäger, Bezirksvorsitzender der IG BAU Schwaben, mahnt: "Dass selbst eine Vollzeitstelle häufig nicht ausreicht, um finanziell halbwegs abgesichert zu sein, ist alarmierend." Besonders wenig wird in der Region demnach in der Landwirtschaft, Gebäudereinigung und der Floristik gezahlt. Ein Grund dafür sieht die Gewerkschaft in der schwindenden Tarifbindung. "Je mehr Firmen aus Tarifverträgen aussteigen, desto schlechtere Karten haben die Beschäftigten", so Jäger. Es drohe eine immer tiefere Spaltung des Arbeitsmarktes. Jäger ruft die Unternehmen in der Stadt dazu auf, sich zu Mitbestimmung und Tarifautonomie zu bekennen.
Politik ist gefragt - Beispiel Maler und Lackierer
Auch die Politik sollte mehr für Tarifbindung tun, so Jäger. Als Beispiel nennt er das Maler- und Lackiererhandwerk. Dort haben Gesellen Anspruch auf einen tariflichen Mindestlohn von 13,50 Euro pro Stunde. Diese Lohnuntergrenze wurde von der Politik für die ganze Branche zur Pflicht gemacht. Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn liegt aktuell bei 9,35 Euro pro Stunde.