Steingaden (fis). - Einen frischen, fruchtigen Geruch, sonoren Maschinenlärm und viele fleißige Hände findet man vor, wenn man den unscheinbaren Raum im Steingadener 'Fohlenhof' betritt. Gleich neben der Hackschnitzelheizung hat der örtliche Obst- und Gartenbauverein seine Obstpresse stehen. Im Moment herrscht hier am Samstag wieder Hochbetrieb. Doch das Ehepaar Marlene und Wolfgang Waibl hat diesen ebenso wie die Maschinen fest in der Hand - ehrenamtlich oder höchstens gegen eine geringe Aufwandsentschädigung. Schon gleich nach der Gründung im Jahre 1946 bekam der Obst- und Gartenbauverein Steingaden eine eigene Obstpresse. Natürlich wurde damals noch alles von Hand betrieben. Die Handpresse tat ihren Dienst, bis sie im Jahr 1974 durch eine moderne, elektrisch betriebene Presse ersetzt wurde. Schon immer nutzten viele der heute 200 Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins die Möglichkeit, ihr Obst zu verwerten. Heute kommen aber auch zahlreiche Gartenbesitzer von weiter her, um ihre Äpfel, Birnen und teilweise auch Weintrauben in Steingaden pressen zu lassen.
Bis weit in den Oktober hinein Seit drei Jahren ist die Presse fest in den Händen von Wolfgang Waibl. Vor 24 Jahren übernahm er bereits das Amt des Vereinskassiers von seinem Vater und kümmert sich jetzt um den technischen Ablauf beim Obstpressen. Kräftig unterstützt wird er dabei von seiner Frau Marlene, die ihrerseits auch schon acht Jahre lang Schriftführerin im Gartenbauverein ist. Jetzt im September und bis weit in den Oktober hinein ist die Hauptzeit für die Obstpresse. Manchmal ist der Andrang so groß, dass die Waibls von freiwilligen Helfern aus den Reihen des Vereins unterstützt werden müssen.
Jäger holen sich 'Trester'Die Arbeitsweise der Presse ist einfach: Das angelieferte Obst wird zunächst maschinell zerkleinert. Anschließend werden die Schnitzel in mehreren Schichten in flache Holzrahmen gefüllt, mit einem hölzernen Stempel abgedeckt und von der Maschine mit hohem Druck gepresst, bis aus dem Pressgut kein Tropfen Saft mehr herauszuholen ist. Das, was von knackigen Äpfeln und saftigen Birnen übrig bleibt, nennt sich 'Trester' und wird auf einen Haufen gefüllt. Gerne holen die umliegenden Jäger das wertvolle Überbleibsel ab, um es im Winter an die Wildtiere zu verfüttern. Die Steingadener Obstpresse arbeitet als so genannte Kaltpresse. Das heißt, dass der gewonnene Saft entweder als Gärmost gelagert wird, oder von den Obstlieferanten selbst auf rund 90 Grad erhitzt und somit als Trinksaft haltbar gemacht werden muss. Im Allgemeinen sind es Privatpersonen, die ihr Obst für den Eigenverbrauch verwerten. Die Mengen sind ganz unterschiedlich. Eine Mindestmenge von 25 Kilogramm sollten es schon sein, um den Vorgang rentabel zu machen. Doch manchmal müssen die Waibls auch bis zu 15 Zentner Obst bewältigen. 'Der kühle Sommer hat sich bei der Ernte bis jetzt noch nicht bemerkbar gemacht, aber den Hagelschlag im Frühsommer merken wir in Steingaden schon,' erklärt Marlene Waibl und packt einen schweren Korb voll Äpfel auf die Waage in der Ecke, um das Liefergewicht für die Abrechnung zu ermitteln. Für den Pressvorgang gilt es eigentlich nur wenig zu beachten. Das Obst sollte lediglich sauber, einwandfrei und nicht faulig angeliefert werden. Wichtig ist aber, dass jeder Lieferant beim Pressen selbst kräftig mit zupackt. Das ist zwar ein wenig mühsam und manchmal etwas feucht. Dafür hat aber Jeder die Garantie, eigenen Saft von eigenem Obst mit nach Hause nehmen zu können. Gepresst wird noch bis Ende Oktober. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass bei reichlicher Ernte auch noch länger angeliefert werden kann. i Die nächsten Termine für die Obstpresse im Fohlenhof in Steingaden sind am Samstag, 16., und Samstag, 23. September. Ein Termin sollte bei Mathilde Echtler unter der Telefonnummer 08862/6492 vereinbart werden. Am Samstag, 30. September, feiert der Obst- und Gartenbauverein sein 60-jähriges Bestehen mit einem Festabend im Gasthaus 'Graf'.