Marktoberdorf (gsc). - Ganz den Gedichten von Mascha Kaléko war der viel beachtete Lyrikabend und die Ausstellung in der Buchhandlung Glas gewidmet. Johannes Heinz Nowaks Aquarelle sind ein zarter Spiegel dieser Gedichte. Und auch der Schauspielerin Paula Quast und dem Musiker Lech Wieleba gelang mit der musikalisch am Kontrabass unterstrichenen Gedichtrezitation eine virtuos-eindrückliche Hommage an die fast vergessene Lyrikerin. Bilder, Worte und Musik ergänzten sich an diesem Abend zu einem überraschenden Dreiklang, der Leben und Werk der jüdisch-polnischen Literatin ins Bewusstsein rief. Die Aquarelle entstanden völlig unabhängig von der musikalischen Gedichtrezitation, doch freute sich Johannes Heinz Nowak über die Zusammenschau und damit 'Verdichtung' der Wahrnehmung. Er zeigte sich auch glücklich, seine Bilder in einem so 'lebendigen Bereich' mitten unter Büchern ausstellen zu können, und zwar präsentiert an Metallstellwänden wie ein aufgeblättertes Buch. Für den Innsbrucker Psychiater und autodidaktischen Maler bedeuten die Gedichte von Mascha Kaléko weit mehr als nur 'Gebrauchslyrik' in der Nachfolge von Erich Kästner. Er hatte sie emotional 'eingeschlürft', ihre Einsamkeitsgedichte, ihre Liebeslyrik und die 'Verse für Zeitgenossen'. Die klarsichtige Dichterin, die sich auf ihren Lebensstationen Galizien, Berlin, New York, Jerusalem zunehmend entwurzelt und heimatlos fühlte, hätte vielleicht gestaunt, ihre persönlichen und doch nach wie vor aktuellen Gedichte nun in Aquarellen gespiegelt zu finden: In überaus duftigen, fast kalligraphisch eleganten Kompositionen auf weißen Blättern, in denen sich blass-lila-gelb getupfte Farbwerte um ein ausgewogenes horizontal-vertikales Liniennetz bauschen. Auch die Hamburger Schauspielerin Paula Quast fühlte sich von Mascha Kalékos Versen so in Bann gezogen, dass sie ein Lyrikprogramm inszenierte, mit dem sie sich seit acht Jahren für die fast vergessene Literatin einsetzt. Sie hatte dabei übrigens ganz andere Gedichte im Sinn als der Psychiater und Maler Nowak. Tatsächlich aber schien die Interpretin mit der Dichterin fast zu verschmelzen, wenn sie auswendig in 28 Gedichten Leben und Werk Mascha Kalékos vortrug. In ihrer unpathetischen Artikulation schwang eine innige Vertrautheit mit der Lyrikerin.
Sensibler Begleiter am Bass In dem Polen Lech Wieleba fand sie einen sensiblen Begleiter, der mit seinen Improvisationen am Kontrabass, mit lichten und düsteren Klängen ihre Stimmungen eindrucksvoll musikalisch fortspinnt. Und so nahm Mascha Kalékos untrüglich wacher Blick auf das Leben, gepaart mit ihrer Sprachsensibilität auch das Publikum sofort gefangen. Vor allem in den Gedichten der Berliner Jahre - seit 1918 bis zu ihrer Flucht 1938 - schuf sie sich ein literarisches Zuhause, das nun einen dreifachen Nachhall fand. i Die Ausstellung der Aquarelle in der Buchhandlung Glas endet mit der Finissage am 12. November, 20 Uhr, bei der der Organist Axel Flierl seine neue CD vorstellt.)