Von Marius Lechler, Buchloe - Dezember 1944 - der letzte Winter des Zweiten Weltkrieges. Selbst in dieser schweren Zeit war die 'Kriegsweihnacht' Anlass für Besinnung und kurze Augenblicke der Freude. Die Buchloerin Elisabeth Schlichting, heute 90 Jahre alt, erlebte das Fest der Liebe als Zeichen der Hoffnung. Elisabeth Schlichting, die am 31. Oktober 1914 in Buchloe geboren wurde, hatte bereits 1941 ihren Mann Hans im Krieg verloren. Als das Weihnachtsfest 1944 nahte, waren ihre beiden Brüder an der Ostfront, ein Schwager in Jugoslawien. 'Die Männer waren gefallen oder noch im Krieg. Deshalb war Weihnachten für alle Familien in Buchloe auch traurig, weil jeder jemanden hatte, der an diesem Tag nicht zu Hause war', sagt sie. Dennoch gab es unter dem Christbaum immer noch Gelegenheit für kleine Freuden. Denn das Fest war Treffpunkt für die gesamte restliche Familie: 'Vater und Mutter waren da, ebenso meine beiden Schwestern. Für meinen Sohn Wolfgang, der damals sechs Jahre alt war, hatten wir einige wenige Plätzchen unter dem Baum hergerichtet.' Als alle dann gemeinsam sangen und in ihre Lieder vertieft waren, hatte der Hund die Plätzchen in Windeseile aufgefressen, um dann zum Klavier zu kommen und die Familie unschuldig anzuschauen. 'Da mussten wir alle lachen', erinnert sich Elisabeth Schlichting. Auch wenn es an allem mangelte: Die weihnachtliche Bescherung war wichtig. Die Bratäpfel, die im Kachelofen brutzelten vermittelten ein Gefühl der Gemütlichkeit. Für Sohn Wolfgang gab es ein Kinderbuch, 'natürlich kein neues, man hatte es gegen etwas anderes eingetauscht', erklärt Elisabeth Schlichting. Sie selbst erhielt von einer Schwester selbst gestrickte Handschuhe, doch das schönste Geschenk brachte der Vater mit: eine Schüssel mit Schmalz, die mit ein paar kostbaren Eiern 'gekrönt' war. 'Die Männer waren bei den Geschenken damals verlegen und haben sie uns nicht direkt gegeben, sondern einfach auf den Tisch gestellt. Man hat damals an Weihnachten nicht so viel geredet, es war einfach eine besinnliche Stimmung.'
Christbaum durfte nicht fehlen Dass es einen Christbaum mit Kerzen, Kugeln und Lametta auch im Jahr 1944 gab, darauf legte Elisabeth Schlichting Wert. 'Es war trotz allem eine ganz besondere Zeit des Jahres. Und wenn man aus dem Dunkel der Nacht in die Stube kam und die Lichter des Weihnachtsbaumes gesehen hat, spürte man einen Hauch von Frieden.' Die Hoffnung war, dass der Krieg bald zu Ende gehen würde. 'Dabei war Weihnachten ein Trost.' Vor allem der Gottesdienst in der Stadtpfarrkirche spendete diesen Trost für sie - auch wenn das Gotteshaus wegen der allgemeinen Verdunkelung bei der Messe nicht im Lichterglanz erstrahlen durfte. 'Das Licht war spärlich, aber wir sind mit der ganzen Familie hingegangen. Es war sehr voll, viele Menschen mussten stehen', erinnert sich die Buchloerin. Auch viele Soldaten nahmen am Gottesdienst teil - die Menschen fanden am Weihnachtsabend zusammen. Wenn Elisabeth Schlichting heute an die Kriegsweihnacht vor 60 Jahren zurückdenkt, sind ihre Erinnerungen tröstlich: 'Es war über allem eine gewisse Traurigkeit. Doch trotz allem war der Weihnachtstag für mich schön und ein Fest voller Hoffnung.'