Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Liebe, Tod und Tänzelfest

Kaufbeuren

Liebe, Tod und Tänzelfest

    • |
    • |

    Es ist dieser bekannte Gegensatz - und doch ganz anders. Inzwischen haben sich ja etliche Autoren auf ganz unterschiedlichem Niveau daran gemacht, Mord und Totschlag in die idyllische Kulisse des Allgäus zu verlegen. Aber "Gemeines Spiel" des Autorenquartetts Peter Suska-Zerbes, Günter Dankesreiter, Lilo Menke und Olivia Borchert hebt sich trotz des intensiven, vor allem Kaufbeurer Lokalkolorits deutlich von anderen Allgäu-Krimis ab.

    Die ursprünglich der Entstehungsgeschichte geschuldete Collage-Technik des Werkes ist zu Beginn zwar etwas gewöhnungsbedürftig. Doch schnell entfaltet der oft abrupte Wechsel zwischen klassischem Erzählen, fiktiven Emails, Tagebucheinträgen, Zeitungsartikeln, innerer und äußerer Handlung seinen Reiz, ja erinnert an den guten alten Briefroman. Die Geschichte bleibt lange fragmentarisch und die vielen Personen und Handlungsstränge kommen erst allmählich, unregelmäßig und bisweilen wirklich unerwartet zueinander. Das holpert nur ganz selten (beispielsweise beim Einsatz der "Allgäuer" Mundart) und erzeugt jede Menge Spannung bis zum "Showdown" an der Blasiuskirche.

    Zuvor ergibt sich folgendes Szenario: Die Kaufbeurer Bundestagsabgeordnete Katharina von Waldheim transportiert mit den Bussen ihres Reiseunternehmens nicht nur Urlauber, sondern auch Drogen in ganz Europa umher. Ihr Mann fürs Grobe ist dabei der brutale Franz Furtner. Mit diesem wiederum hat Hannes Eberle, der unschuldig im Gefängnis saß und mit umoperiertem Gesicht und dem neuen Namen Simon Seidel eine beachtliche Mafia-Karriere gemacht hat, noch eine geschäftliche und private Rechnung offen. Beide verfolgen äußerst kaltblütig ihre Ziele. So setzt etwa Seidel seine Geliebte zum Ausspionieren der anderen Seite ein, während er ihre Tochter mit regelmäßigen Rauschgift-Geschenken ausschaltet.

    Eine Computerexpertin wird brutal erpresst, um ihr Wissen zur Verfügung zu stellen, ein entlassener Mitarbeiter von Waldheim-Reisen zum fanatischen Killer gemacht.

    Mannigfaltige Rachegelüste

    Kommissar Wegner, der nach vielen Jahren in München nun in Kaufbeuren die letzten ruhigen Dienstjahre verbringen und seine psychischen Probleme in den Griff bekommen wollte, wird bis in den privatesten Bereich in diese Fehde hineingezogen. So wie die Leser, erkennen auch die Protagonisten allmählich, wer auf welcher Seite steht und wer welche Motive für sein Verhalten hat. Das erzeugt mannigfaltige Rachegelüste, die alle zufällig am 18. Juli 2008 beim Tänzelfest-Lagerleben blutig ausgelebt werden.

    Bei Sprache und Handlung oft sehr direkt und brutal, aber psychologisch fundiert und dicht, beschäftigt sich die Collage letztlich mit ganz grundsätzlichen Konstanten der menschlichen Existenz: Gewalt und Rache, vor allem aber das stets reizvolle Nebeneinander von Liebe und Tod - beide in vielfältigen Variationen. Ein etwas anderer Allgäu-Krimi eben, der dem Leser einiges abverlangt - und ihm spätestens beim nächsten Lagerleben wieder in den Sinn kommen wird.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden