Seine markante Silhouette ist das Wahrzeichen des Füssener Lands. Der Säuling (2048 m) ist ein Grenzberg zwischen Bayern und Tirol und der westliche Eckpfeiler der Ammergauer Alpen. Für Kletterer bieten seine Wände zahlreiche Routen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade, bei ambitionierten Bergwanderern ist er als Aussichtsgipfel beliebt.
Sein Name ist der älteste belegte Bergname des Allgäus, wie Bergnamensforscher Thaddäus Steiner berichtet. Schon in der Lebensbeschreibung des Heiligen Magnus von Füssen, die im Jahr 895 geschrieben wurde, taucht er in der Schreibweise "Stulinc" auf und leitet sich aus dem althochdeutschen sul oder siule ab. Dies bedeutet entweder "ein mit einer Säule versehener Berg" oder eher "ein Berg, der wie eine Säule wirkt". Auch sonst hatte der heilige Magnus mit dem Berg zu tun: Der Legende nach soll ihm ein verwildertes Bergmännle oder ein Bär eine Erzader gezeigt haben. Historiker gehen davon aus, dass schon die Römer Stollen in den Säuling getrieben haben, um schwach eisenhaltiges Gestein zu fördern. Zu Magnus Zeiten wurden die Schürfstätten wieder entdeckt und die bettelarme Bevölkerung gelangte zu bescheidenen Wohlstand, den sie aus Dankbarkeit dem "Apostel des Allgäus" zuschrieb.
Noch andere Sagen ranken sich um die markante Felspyramide: So wurde erzählt, dass Hexen auf dem Säuling reiten. In Nächten trafen sie sich auf dem Gipfelplateau und zogen ein wildes Spektakel auf.
Wenn sie jemandem begegneten, der "nicht gut gesegnet war", verschleppten sie ihn auf den Gipfel und ließen ihn erst wieder laufen, wenn am frühen Morgen der erste Glockenschlag aus dem Tal zu hören war.
Der Teufel hat die Hand im Spiel
Auch der Teufel soll seine Hand im Spiel gehabt haben: Erbost über den Bau der neuen Kirche zu Roßhaupten riss er einen Felsen des Berges ab und schmiss ihn in Richtung des Dorfes. Doch als das Abendläuten zu hören war, fiel der Stein senkrecht auf den Boden und blieb vor dem Dorfeingang liegen. Dort kann er heute noch besichtigt werden, versehen mit einem Kreuz.
Mit dem Aufkommen des Alpinismus im Ostallgäu in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Säuling zum begehrten Ziel der Gipfelstürmer. Noch waren die Berge weg- und steglos, die Bergsteiger mussten sich Hirten oder Jägern anvertrauen. Auch Königin Marie von Bayern, eine begeisterte Bergsteigerin, stattete dem Gipfel mehrmals einen Besuch ab. Am 14. August 1846 errichteten "kühne Bergsteiger ein 15 Schuh hohes Gipfelkreuz aus Holz", wie der Füssener Chronist Rudibert Ettelt schreibt. Der Pfarrer von Waltenhofen und die Kapläne von Füssen und Breitenwang vollzogen die Weihe. 46 Personen wohnten der Zeremonie bei, darunter "drei Weibspersonen" - ein Mädchen aus Neuburg/Donau, eines aus Reutte und die Kupferschmiedin Hartroth aus Füssen. Ein außergewöhnliches Ereignis, das der Mesner Mang Seelos in seinem Hausbuch vermerkt hat.
Der 1864 verstorbene Füssener Schuhmachergeselle Benedikt Lob bot sich Gästen als Führer an und bestieg 42-mal den Säuling. 1887 legten Mitglieder der neu gegründeten Alpenvereinssektion Reutte-Füssen den ersten Säulingweg an.
Wer sich auf den Weg zum Gipfel macht, entweder von Hohenschwangau aus oder von Pflach im Lechtal, muss sich auf eine anspruchsvolle, im oberen Teil steile Bergtour einstellen, die Trittsicherheit und Vorsicht erfordert. Dafür wird er mit einem traumhaften Rundblick belohnt: Im Norden blickt er aus der Vogelperspektive auf die Ostallgäuer Seenlandschaft mit dem Märchenschloss Neuschwanstein hinab, im Osten auf die Ammergauer Alpen und das Wettersteinmassiv, im Süden hat er das Panorama der Lechtaler und Tannheimer Berge, im Westen die Allgäuer Gipfel vor sich.
Auch zwei Hütten hat der Berg zu bieten: das 1921 auf der Südseite des Berges erbaute Säulinghaus der Naturfreunde Augsburg und die 1934 in der Bleckenau errichtete Fritz-Putz-Hütte der Sektion Füssen.