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Ein Physiker legt die Karten auf den Tisch

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Ein Physiker legt die Karten auf den Tisch

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    Von Volker Klüpfel Memmingen 1. Der Blumenstrauß. Peter Ripota gerät geradezu ins Schwärmen, als ich die Karte umdrehe: Es gehe mir gut. Na, der hat eine Ahnung! Mir fällt trotzdem ein Stein vom Herzen. Keine Schlange, kein Totenkopf Nur ein Strauß Blumen. Was heißt da 'nur'? Ein Geschenk erwarte mich. Etwas Fülliges (nichts Schlankes?), etwas Buntes, auch wenn es im Moment vielleicht anders aussehe (ach so). Ein emotionales Geschenk könne es auch sein. Hm. Zwei Karten liegen noch mit dem Gesicht nach unten in diesem Selbstversuch im Kartenlesen.

    Wenn Peter Ripota seine Karten auf den Tisch legt und sich vorstellt, horcht man unwillkürlich auf. 'Ich bin Physiker', sagt der Mann ruhig und mit unverkennbar österreichischem Akzent. Ein Physiker, der die Karten legt? Der sich mit Handlesen und Astrologie beschäftigt? Ein wissenschaftlicher Wahrsager? 'Sie werden enttäuscht sein', bleibt Ripota ganz ernst. Die erste Prognose über die Zukunft, die der Mann aus Linz heute trifft. 'Es gibt ja hellsichtige Menschen, die sagen die Zukunft voraus. Ich mache das nicht. Ich zeige den Seelenzustand eines Menschen, sein Spiegelbild. Denn ich bin Physiker, kein Mystiker.'

    2. Der Baum. Die zweite Karten, die ich - als Rechtshänder übrigens mit der linken Hand - gezogen habe, ist ebenfalls (was für ein Glück) sehr positiv: Vitalität, Gesundheit, Verwurzelung. Eine Entlassung sei beispielsweise nicht zu befürchten (liest mein Chef das?). Außerdem könne ich andere beschützen.

    Vielleicht gibt es ja aber auch nur gute Karten in 'Mademoiselle Lenormands' Stapel. 'Nein', wehrt Ripota ab, 'es gibt auch ziemlich üble: den Sarg zum Beispiel.' Lenormand sei nach dem Tarot das am weitesten verbreiteten System. 'Tarotkarten sind mystisch, diese hier sind nüchtern.' Tatsächlich: Teilweise wirken die 36 Karten geradezu enttäuschend banal - ein Bär, ein Buch, ein Mann mit Hut 'Sie sind eben alltagsnäher', erklärt Ripota. Und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: 'Da muss man an nichts glauben.'

    23 Jahre lang hat Ripota bei dem renommierten Wissenschaftsmagazin P.M. gearbeitet. Und als Physiker einen ganz eigenen Zugang zum Kartenlegen entwickelt. 'Es ist alles das Gleiche', sagt er. Das Gleiche? 'Ja, es geht um Fakten und Prognosen, die man überprüfen kann. Auch Naturwissenschaftler sagen Dinge voraus, die dann nicht eintreten.' Immerhin räumt er ein, dass die Aussagen im Esoterikbereich etwas verschwommener seien. Die philosophischen Fragen hinter den Naturgesetzen hätten ihn immer interessiert. 'Naja, und jetzt mache ich eben beides', sagt der 64-Jährige mit einem Schulterzucken, als wäre das die normalste Sache der Welt.

    3. Der Reiter. Eine laut Ripota bewegliche Karte. Wahrscheinlich werde es in kurzer Zeit eine Botschaft geben, ein schönes Geschenk. Eigentlich eine männliche Karte. Ein Geschenk von einem Mann? Na, das muss vielleicht nicht unbedingt sein. Es könne aber auch etwas anderes sein, beruhigt mich Ripota. Es habe auch mit Sport zu tun. Eine primitive Deutung wäre: Ich jogge, finde einen Blumenstrauß und verschenke ihn. Gut, ich bin Jogger, aber Blumensträuße liegen für gewöhnlich keine rum. Allerdings pflücke ich manchmal Löwenzahn für meine Schildkröten. Ob das gemeint ist? Es könne aber auch etwas ganz Großartiges sein, ergänzt Ripota. Da das viel besser klingt, halte ich mich an meine Praxis beim Horoskop-Lesen: Immer das Gute glauben.

    Tatsächlich: Astrologie und Kartenlegen seien sehr verwandt. 'Die Grundlagen sind bei beidem unbekannt.' Er vergleicht das mit der Quantenphysik: 'Es gibt Funktionen, bei denen alle Zustände gleich wahrscheinlich sind. Was im Einzelnen passiert, wissen wir vorher nicht.' Hinter allem stecke der Versuch, die Strukturen der Welt in ein System hinein zu kriegen. Auch davon, dass bei einer Wiederholung ein anderes Ergebnis herauskommen könne, lässt sich Ripota nicht beirren. Wieder zitiert er die Quantenphysik: 'Macht man dort einen Versuch ein zweites Mal, kommt ein anderes Ergebnis heraus. Warum eigentlich?' Darauf geben auch die Karten keine Antwort. Deswegen ist Ripotas Motto: 'Ich schaffe mir meine Wirklichkeit.'

    Letztlich, räumt er ein - und das wird die Esoterik-Kritiker vom Sektenbeauftragten bis zu Seelsorgern freuen - will er den Menschen dabei helfen, dass sie irgendwann Dinge wie Kartenlegen nicht mehr brauchen.

    4. Der Name. Ripota kann also einpacken - zumindest seine Karten. Viel schlauer bin ich nicht, aber er hinterlässt mich doch nachdenklich. Denn als ich mich mit den Worten 'Wiedersehen, Herr Ripota' verabschiede, fällt mir schlagartig auf, dass das klingt wie der Name eines berühmten Zauberlehrlings. Zufall? Schicksal? Vielleicht sollte man dazu mal die Karten befragen

    iPeter Ripota stellt am Samstag, 31. März, von 11 bis 14.30 Uhr sein Buch 'Die Wahrsagekarten der Mademoiselle Lenormand' in der Memminger Buchhandlung Edele vor. Nach Voranmeldung können sich Interessierte dort die Karten legen lassen. Anmeldung unter (08331) 982311.

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