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Da weiß ich, dass die Äpfel nicht gespritzt wurden

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Da weiß ich, dass die Äpfel nicht gespritzt wurden

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    In Bernbeuren wird der Saft aus eigenem Obst gemostet Bernbeuren (ves). Aus der Tür im Untergeschoss der Auerberghalle dringt Lärm und fruchtiger Geruch. Drinnen herrscht Betriebsamkeit: Zwei Männer schütten wannenweise Äpfel in einen Trichter, eine Frau stopft mit einem Holzstock nach. Das gemahlene Obst wird auf eine Presse gebeugt ­ schon wenig später fließt in der Bernbeurer Mosterei der Apfelsaft.

    'Da weiß ich, dass die Äpfel nicht gespritzt wurden', freut sich Josef Fischer aus Burggen. Er bringt heuer zum ersten Mal seine Äpfel in die Mosterei: 'Sonst haben wir sie eingelagert, aber im Frühjahr konnten sie mit den gekauften aus dem Kühlhaus nicht mehr mithalten', erzählt er. Doch bevor er die Flaschen mit dem trüben Saft in sein Auto laden kann, hat er noch einige Arbeit vor sich.

    'Die Presse wird bei uns im Handbetrieb beladen', erklärt Josef Waibl. Gemeinsam mit seinem Bruder Eduard und seiner Frau Annie betreut der ehemalige Vorsitzende jeden Freitag die Mosterei des Obst- und Gartenbauvereins Bernbeuren. Schicht für Schicht werden die gemahlenen Äpfel in grobe Tücher eingeschlagen und zuletzt mit Holzstücken beschwert. Dann hebt die Presse den ganzen Turm an und drückt die Ladung gegen den oberen Balken, seitlich fließt der Saft heraus.

    'Diese Presse funktioniert mit einer Art Wasserhydraulik, nicht wie die neuen mit Öl-Hydraulik', schwärmt Eduard Waibl von dem beinahe museumsreifen Stück, das wohl in den 20er Jahren gebaut wurde. 1978 kaufte der Bernbeurer Gartenbauverein die gebrauchte Presse aus Rottenbuch, seitdem bedient er die nostalgische Maschine. 'Es kommen immer mehr Leute zum Mosten', ist Waibl aufgefallen.

    'Bei uns bekommt jeder Saft aus den Äpfeln, die er auch selbst angeliefert hat', weiß Wolfgang Tenzer, Vorsitzender des Bernbeurer Obst- und Gartenbauvereins, einen Grund für die steigende Beliebtheit. Stolz ist der Vorsitzende auch auf die neue Erhitzungs- und Abfüllanlage: 'Jetzt können wir den Saft direkt in der Mosterei haltbar machen.' Beim Durchlaufen der Anlage wird der Rohsaft dafür einer Temperatur um die 80 Grad ausgesetzt. Zuvor hatten dies die Obstbaumbesitzer zu Hause am Herd nachholen müssen.

    35 000 Mark musste der Obst- und Gartenbauverein für die Erweiterung investieren. Jetzt bieten sich neue Möglichkeiten: Die Anlage hat eine Kapazität von 300 bis 500 Liter in der Stunde. 'Wir denken darüber nach, im Rahmen der Direktvermarktung im Auerbergland Saft zu verkaufen', so Tenzer. Vielleicht gibt es bald sogar ein Etikett für den Saft eines einzelnen Baumes: Im Lehrgarten des Vereins steht der Riese, der jedes Jahr sechs Zentner abwirft.

    Obstanbau gefördert

    Mit dem Lehrgarten begann die Förderung des Obstanbaus in Bernbeuren, wie Bernhard Kölbel erläutert. Mit einer Pflanzaktion von über 500 Obstbäumen ging es weiter. Als Sprecher des Dorferneuerungs-Arbeitskreises Ökologie war er von Anfang an dabei: 'Wir wollten die Regionalvermarktung unterstützen, den Freizeitwert des Gartens aufwerten und die Bienenweide verbessern.'

    Heute genießt Kölbel die Pflanzen- und Tierwelt, die sich in den Streuobstwiesen eingestellt hat ­ und natürlich den Apfelsaft. Etwa sechs Zentner hat er dieses Jahr im eigenen Garten geerntet. 'Ich hatte Glück, weil das Grundstück geschützt liegt', schmunzelt er. Viele andere Gartenbesitzer klagen dieses Jahr über eine magere Ernte, weil die Apfelblüten vom Frost beschädigt wurden. 155 Liter Saft ist Kölbels Ausbeute: Die Hälfte davon ist bereits haltbar gemacht. Die andere Hälfte nimmt er als Rohsaft nach Hause: 'Die überlasse ich der Gärung', erzählt der studierte Nahrungsmitteltechniker aus Hinterholz bei Bernbeuren und freut sich schon auf den eigenen Most.

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