CSU-Chef Schreck rechnet mit Schäuble-Rücktritt Marktoberdorf/Ostallgäu (vit). Fast täglich werden momentan neue Skandale gemeldet. Die Parteispendenaffäre der CDU und die Unterstützung von SPD-Politikern durch Wirtschaftsunternehmen beschäftigen die Partei-Basis. Die Skandale sorgen für Misstrauen gegen Politiker, heißt es bei örtlichen Funktionären. CSU-Kreisvorsitzender Helmut Schreck rechnet damit, dass CDU-Chef Wolfgang Schäuble bald zurücktritt.
Bei der CDU seien Gesetze gebrochen worden, damit müsse man sich auseinandersetzen, meint CSU-Kreisvorsitzender Helmut Schreck. Er werde immer wieder von Bürgern darauf angesprochen. Schreck vermutet, dass sich die CDU bald auf einen personellen Neuanfang verständigt: 'Schäuble wird wahrscheinlich zurücktreten.' Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf ist aus Schrecks Sicht eine gute Alternative, da dieser sicher kein Kohl-Freund sei. Über einen Kanzlerkandidaten der Union zu spekulieren, sei verfrüht, meint Schreck zur Frage, ob die Chancen von CSU-Chef Stoiber nun steigen. Zunächst müsse man die Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen abwarten.
Von Parteiaustritten wegen der CDU-Affäre ist Schreck bei der Ostallgäuer CSU nichts bekannt. Im eigenen Kreisverband sei er sicher, dass alle Spenden korrekt verbucht werden. Im Ostallgäu seien 1000 Mark schon eine Großspende. Höhere Spendengebe es allenfalls vor Wahlen. Doch das Geld fließe nur zur Unterstützung der Partei und des jeweiligen Kandidaten, nicht aber für Gegenleistungen.
'Wir müssen es ausbaden', meint der Grünen-Stadtrat Axel Maaß (Marktoberdorf). Die Diskussion um Korruption schade allen Parteien. Auch als ehrenamtlicher Politiker sieht er sich mit spöttischen Bemerkungen über das Gebaren von Volksvertretern konfrontiert: 'Viele Bürger werfen alle Politiker in einen Topf.' Am wichtigsten sei es nun, 'den Laden wieder sauber zu kriegen'. Zu Schäubles Verwicklung sagt Maaß: 'Mich würde es nicht wundern, wenn sich Schäuble nicht mehr lange hält.' Die Diskussion um Schäuble sei eher ein Nebenschauplatz, der vom 'Haupttäter Kohl' ablenke. Kohl habe seinen Job als Kanzler in vielen Bereichen gut gemacht, meint Maaß. Doch er sei für ihn eine zwiespältige Gestalt gewesen, bei der er solche Fehler für möglich hielt.
Keine Hintergedanken
Bei den Marktoberdorfer Grünen weiß Maaß nur von Barspenden im Bereich von zehn bis 20 Mark, die der Kassierer aufliste. Ziel der Spender sei, eine bestimmte politische Richtung zu unterstützen. Hintergedanken, dass etwa jemand 500 Mark zahlt, um Stadträte bei der Bauplatzvergabe geneigter zu machen, seien ihm nicht bekannt.
'Bei uns wird alles sehr korrekt verbucht', beschreibt Jutta Jandl die Finanzpraxis beim SPD-Ortsvereins Marktoberdorf. 100 oder 200 Mark seien schon die großen Spenden. Die Ortsvorsitzende weiß, dass die Parteibasis wegen der Vorgänge in der CDU entsetzt ist. Denn gerade auch Spitzenpolitiker müssten die Gesetze einhalten: Bei Verstößen müsse man Konsequenzen ziehen, sonst bringe man alle Parteien in Misskredit. Zu den Verfehlungen ihrer SPD-Genossen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen meint sie, es sei in hohen Ämtern für manche offenbar schwierig, Privatangelegenheiten und Dienst zu trennen.
Von Kohl ist Jandl enttäuscht, weil dieser kein Schuldbewusstsein zeige. Seine Fehler ließen sich vielleicht durch die Verquickung mit der Wirtschaft während der 16-jährigen Amtszeit erklären aber sicher nicht entschuldigen. Vielleicht wäre für die CDU ein personeller Neuanfang nun richtig.